Weihnachtsgrüße

An Weihnachten wird gewandert

Chiara Brunzendorf studiert in Lettland Veterinärmedizin. Dort gehören Kälte, Eis und Schnee zur Winterzeit.

Mit ihrer Mitbewohnerin Emilia machte Chiara Brunzendorf (links) einen Ausflug zum Weihnachtsmarkt in estnische Tallinn. Foto: privat

Ende August 2022 fiel der spontane Entschluss, am 1. September mein Studium zur Veterinärmedizin nicht wie ursprünglich geplant in Deutschland zu beginnen, sondern in Lettland und damit knapp 1900 Kilometer entfernt von meinem Heimatort Frickenhausen.

Da ich bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen Studienplatz in Deutschland bekommen hatte und ich nicht noch ein Jahr „verschwenden“ wollte, schrieb ich eine Woche vor Beginn des ersten Semesters die Aufnahmeprüfung. So bekam ich dann die Zusage und innerhalb von drei Tagen wurden Flüge gebucht, Koffer gepackt und sich noch mit Freunden ein vorläufig letztes Mal getroffen.

Der Studiengang in Lettland ist komplett auf Englisch, was zu Beginn eine enorme Umstellung war, jedoch gewöhnt man sich sehr schnell an die neue Umgebung und die Kultur. Anders als in Deutschland werden wöchentlich große Tests geschrieben und Kolloquien gehalten. In besonders wichtigen Fächern, wie zum Beispiel Anatomie, gibt es am Ende jeden Semesters zusätzlich große Examen. Kurzum: Langeweile hat man hier selten. Im Oktober kam dann doch noch eine Zusage von Deutschland, in Hannover. Nach einiger Überlegung lehnte ich diese jedoch ab. Schließlich hatte ich mich nicht nur an das System in Lettland gewöhnt, sondern auch Freundschaften geschlossen und mich eingelebt.

Durch die nordöstliche Lage fallen die Temperaturen schon im Oktober sehr schnell auf den Gefrierpunkt. Im November liegt meistens schon der erste Schnee, sodass im Dezember alles mit einer dicken Schneeschicht eingedeckt ist und weihnachtliche Stimmung aufkommt. Auch friert meist der Fluss Lielupe, der durch die Stadt Jelgava fließt, so stark zu, dass die Möglichkeit besteht, auf diesem Schlittschuh zu fahren.

Jedes Jahr findet außerdem das Eisskulpturen-Festival statt, bei dem Künstler aus aller Welt zusammenkommen, um ihre Eisskulpturen zu präsentieren und Preise zu gewinnen. Ist immer wieder einen Besuch wert und gutes Essen gibt es auch.

Um der dunklen Jahreszeit etwas mehr Licht zu spenden, werden an jeder Ecke in der ganzen Stadt Lichterketten und Dekorationen aufgehängt, am zentralen Platz ein großer Weihnachtsbaum aufgestellt. Das Schloss wird ebenfalls mit Lichterketten geschmückt. Die Vorweihnachtszeit ist neben all dem Stress in der Uni vor allem die Zeit der Bälle mit Tanz und traditioneller lettischer Musik. Außerdem verbringt man in dieser kalten Jahreszeit gerne Zeit mit Freunden beim gemeinsamen Plätzchenbacken oder mit gemütlichen Filme- und Spieleabenden.

Von hier aus lassen sich auch Kurzausflüge nach Riga, an den Strand oder in die umliegenden Länder unternehmen. So bin ich zusammen mit meiner Mitbewohnerin Emilia für ein Wochenende nach Tallin, Estland, gefahren. Neben der wunderschönen Altstadt, die es auch in Riga zu bewundern gibt, haben wir uns den renommierten Weihnachtsmarkt angeschaut. Durch den vielen Schnee, die kleinen Essensstände und den festlich geschmückten Baum war es eine sehr gemütliche und weihnachtliche Stimmung. Eine absolut tolle Erfahrung!

Foto: privat

Nun erzähle ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, etwas über die lettische Kultur und wie man sich hier in Lettland auf das schönste Fest des Jahres vorbereitet. Folgende Informationen hat mir meine lettische Freundin Leticija mitgeteilt, die ich für diesen Artikel etwas ausgequetscht habe. Die Räume werden traditionell mit Strohfiguren, getrockneten Blumen, Vogelfedern und Garn geschmückt.

Traditionelles Weihnachtsessen sind Erbsen und Bohnen, die am Vorabend des Festes gegessen werden müssen, damit man im neuen Jahr nicht weinen muss. Des Weiteren gibt es an Heiligabend Schweinefilet, Kraut und Speckkuchen. Einige der bekanntesten Weihnachtsaktivitäten sind das Wandern, das Verkleiden mit verschiedenen Masken und der Besuch von einem Haus zum anderen.

Wie man sehen kann, ist das Weihnachtsfest bei den Letten alles andere als ein entspannter Abend zu Hause. Ihnen ist besonders wichtig, viel Freude und Spaß mit der Familie und ihren engsten Vertrauten zu haben.

Zum Abschluss lässt sich sagen, dass ich mich sehr gut eingelebt habe, es aber doch immer wieder schön ist, nach Deutschland zu kommen und seine „gewohnte“ Umgebung mit Familie und Freunden zu sehen.

So wünsche ich meiner Familie und meinen Freunden und natürlich auch Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, eine schöne und besinnliche Weihnachtszeit.

Chiara Brunzendorf

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