Weihnachtsgrüße

Weihnachten auf dem Boot im Sydney Harbour

Inzwischen ist Verena Burger seit 315 Tagen auf Weltreise. Dabei hat sie 13 Länder besucht. An Weihnachten hat es sie dieses Jahr nach Australien verschlagen.

Verena Burger reist seit mehreren Monaten auf dem Boot durch den Pazifik. Momentan ist sie in Australien. Foto: privat
In Moorea in Französisch-Polynesien ist Verena Burger im Juni an Bord gegangen. Foto: privat
Nur an zwei Orten auf der Welt kann man mit Buckelwalen schwimmen. Verena Burger erfüllt sich diesen Traum in Vava’u auf Tonga. Foto: privat
Irgendwo im Nirgendwo war die Lodge, auf der Verena Burger den Amazonas-Regenwald erlebte. Foto: privat

Ich habe dieses Jahr im Januar meinen Master in Künstlerischer Konzeption in Reutlingen beendet und bin seit Februar nonstop unterwegs, von Land zu Land, von Stadt zu Stadt und inzwischen von Hafen zu Hafen.

Wenn mir jemand Anfang des Jahres erzählt hätte, dass ich meine Reise zum Großteil auf Segelbooten verbringen würde, hätte ich als Segel-Neuling gelacht und die Person für verrückt erklärt. Durch einen Zufall habe ich im Juni dieses Jahres allerdings die Möglichkeit bekommen, für einige Wochen von Tahiti nach Fidschi zu segeln und dadurch hat sich für mich eine ganz neue Art von Leben und Reisen eröffnet.

Einmal im Boot-Leben angekommen, lernt man viele andere Leute auf den Nachbarbooten kennen, immer mehr je öfter man den Ankerplatz oder die Marina wechselt – und weil Segeln meist viele helfende Hände benötigt und häufig Crew gesucht wird, wohne ich inzwischen auf Boot Nummer drei, einem 14 Meter langen Katamaran.

Aus sechs Wochen auf See sind inzwischen sechs Monate geworden und ich habe definitiv einiges dazugelernt. Vor allem ist mir aufgefallen, wie zerbrechlich unsere Welt ist, gesehen wie weit Inseln im Pazifik auseinanderliegen (oder eben NICHT gesehen, weil tagelang kein Land in Sicht war), ich habe viele Höhen und Tiefen durchgemacht und gemerkt, wie klein diese große Welt doch irgendwie ist.

Begonnen habe ich meine Reise als „normaler“ Backpacker in Trinidad und Tobago. Von da aus ging es weiter nach Curaçao, Ecuador mit den Galapagosinseln, Kolumbien, USA und dann per Flugzeug nach Tahiti, wo es an Bord ging, um mit dem Boot den halben Pazifik zu durchqueren: Entlang der Society Islands von Französisch Polynesien nach Suwarrow auf den Cook-Inseln, Niue, Tonga, Fidschi, Vanuatu, Neukaledonien und seit Oktober sind wir nun in Australien. Dort sind wir die Küste entlang von Brisbane nach Sydney gesegelt.

Meine Reise lässt sich so kurz gar nicht zusammenfassen, aber wenn mich jemand nach meinen Top-5-Momenten oder -Orten fragen würde, würde ich Folgendes antworten: Da wären zum einen mal die Galapagos-Inseln. Meine gesamten vier Wochen dort mit dieser absolut einzigartigen Art, wie Tiere und Menschen nebeneinander leben. Wo sonst trifft man auf wilde Seelöwen in Restaurants oder hat knapp 30 Hammerhaie, die über einen hinwegschwimmen? Und wo sonst auf der Welt trifft man unterwegs auf Spaziergängen auf so viele Iguanas (Riesenechsen), die im Weg herumliegen, dass man aufpassen muss, nirgends draufzutreten? Getoppt wurde das Ganze von Heimatbesuch, denn mit der Grundschul-besten-Freundin am anderen Ende der Welt mit Seelöwen zu schnorcheln ist einfach unvergesslich!

Ein weiterer Top-5-Moment ist die Fünf-Tages-Tour durch den Amazonas-Regenwald. Auch wenn die Tour wegen Erdrutschen mit einer unerwartet langen 24-Stunden-Busfahrt losging, waren diese fünf Tage irgendwo im Nirgendwo ohne Internet und Empfang einfach der Wahnsinn! Spinnen und Taranteln, Frösche und Kröten, Affen, Tukane, Schlangen, Riesen-Ameisen und darüber ein Sternenhimmel, wie ich ihn noch nie zuvor gesehen habe!

Kommen wir zum dritten Punkt auf meiner Top-5-Liste. Seit sechs Jahren stand an der Spitze meiner Bucket List: Schwimmen mit Buckelwalen! Das gibt es weltweit nur an zwei Orten und mein Bucket-List-Ort hierfür war Tonga, genauer gesagt Vava’u. Wenn man das in Google Maps eingibt, bringt einen die Karte aber so weit ins pazifische Nichts, dass ich nie dachte, dass ich es tatsächlich mal dahin schaffe. Aber als ich dann dort war, hatte ich das Glück, gleich drei Tage mit diesen sanften Riesen zu schwimmen!

Jedes Jahr zwischen Juni und Oktober kommen die Buckelwale auf ihrer Reise aus der Antarktis in Tonga vorbei, um in den warmen und geschützten Gewässern dort ihren Nachwuchs zur Welt zu bringen. Die Walschwimm-Touren regeln sehr streng, wie viele Leute wie lange im Wasser bleiben dürfen, wie nah man den Walen kommen darf und wie man sich verhält, um die Tiere nicht zu stören, deshalb sind diese Touren zwar nicht günstig, aber absolut unbezahlbar in Erfahrungen!

Und nun zu Nummer vier: Hattet ihr jemals diesen einen Moment, der einfach nur perfekt ist? Der war bei mir in San Francisco. Auf dem kurzen Zwischenstopp, bevor es nach Tahiti ging, hat mich spontan einer meiner Liebsten von daheim besucht und an ihrem letzten Abend am letzten Stopp mit dem Touri-Doppeldecker-Bus und dem besten Busfahrer war es dann dieser eine, kurze Moment: die Aussicht auf die Skyline, Alcatraz und die Golden Gate Bridge, Wind, der einen beinah umwirft, und neben mir jemand, der spontan zwölf Stunden ins Flugzeug gestiegen ist, nur um mich zu besuchen!

Und zu guter Letzt noch Punkt 5 der Top-Momente: Die eine Woche in Vanuatu, die meinen Blick auf die Welt verändert hat: Tanna, eine extrem arme Insel, bei der einem bewusst wird, wie privilegiert wir sind. Hier spielen Kinder mit durchlöcherten Plastikflaschen, weil so was wie Wasser-Spritzpistolen gibt es hier nicht. Und trotz der offensichtlichen Armut und dem krassen Gegensatz zu mir als „reichem“ Tourist fühlt man sich völlig sicher, hier herum zu laufen und wird überall offen und ehrlich angelächelt von Leuten, die vermutlich nie die Grenzen ihres eigenen Landes verlassen werden können.

Tanna ist vor allem bekannt für Mount Yasur, einen der aktivsten Vulkane der Welt. Für umgerechnet etwa 80 Euro kann man an der alltäglichen Tour zum Vulkan teilnehmen und wenn man am Rande des Vulkankraters steht, das Beben unter den Füßen spürt und die Lava teilweise höher fliegt als man selber gerade steht, dann wird einem erst bewusst, wie mächtig die Natur ist und wie klein und unbedeutend alles drum herum sein kann.

Aber was mache ich jetzt eigentlich an Weihnachten selbst? Weihnachten wird in Australien traditionell mit einem Barbecue am Strand gefeiert. Wenn in Deutschland der Winter losgeht, dann wird es hier Sommer und die Leute können endlich raus und an den Strand.

Geschenke und die eigentliche Weihnachtsfeier gibt’s hier am 25. Dezember und das werden wir (fast) genauso machen. Statt am Strand grillen wir allerdings auf unserem Boot. Unser Gasgrill ist zwar klein, aber er hat uns schon auf so einigen Segel-Überfahrten die schönsten Grill-Abende mit Steaks, frisch gefangenem Fisch oder Gemüse beschert.

Und wo genau bin ich an Weihnachten? Australien ist schließlich riesig! Mit dem Boot hat man vier Möglichkeiten, wo man sich „hinstellt“: Am Hafen (was auf Dauer aber ziemlich teuer ist), an einer Mooring-Boje (sehr gefragt, da weniger teuer als Hafen, oft sind die aber somit alle besetzt), Ankern (da gibt es spezielle Orte wo man ankern darf und wo nicht) oder man lässt das Boot aus dem Wasser heben und stellt es an Land ab (das ist allerdings noch mal teurer als der Hafen weil teurer Stellplatz plus teures Hebesystem gleich doppelt teuer).

Wir haben für den Dezember eine Mooring-Boje im Sydney Harbour gebucht, hoffentlich mit einer bombastischen Aussicht auf die Harbour Bridge und das berühmte Sydney Opera House. Zu Weihnachten habe ich mir selber ein Ticket geschenkt, um zwischen den Jahren im besagten Opernhaus eine der Shows zu sehen – einen Zirkus! Darauf freue ich mich jetzt schon, sitze mit genialer Aussicht und lecker gegrilltem Essen bei Sonnenschein auf dem Boot und telefoniere nachher hoffentlich mit meinen Eltern und Freunden daheim – was mit zehn Stunden Zeitverschiebung nicht immer ganz einfach ist.

Und falls ihr euch fragt, wann ich wieder heimkomme: Das weiß nur mein Konto! Denn sobald das leer ist, mache ich mich wohl oder übel gezwungenermaßen auf den Heimweg! Bis dahin sende ich liebe Weihnachtsgrüße aus aller Welt an Mama und Papa, Philipp und Michael, Yase und Tobi, Katze und Chrissi, Anne, die süßeste Familie der Welt mit Lea, Max und Theo, Alicia in New York, Kosta in Wien, Sirina, Mona, Tati, Conny und Frieder, Doris und Karlheinz, Gisela und Wolfgang, Anke, Detlef und alle Meiswinkler und alle anderen, die ich hier nicht aufzähle, sonst haben die anderen keinen Platz mehr zu schreiben.

Verena Burger

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