NÜRTINGEN. Aufpassen sollen die Zuschauer, rät Birgit Hein, Theaterpädagogin und Regisseurin der Produktion, bevor es losgeht. Hier in Venedig seien viele Diebe unterwegs. Glücklicherweise wurde dem Publikum am Ende des Stückes nichts entwendet, außer der eine oder andere Lacher. In insgesamt fünf sehr gut besuchten Vorstellungen (davon zwei Schulvorstellungen) begeisterte der Theaterspielclub der MJKS Nürtingen das Publikum mit Wolfgang Adenbergs Bühnenfassung von Cornelia Funkes Jugendbuchklassiker „Herr der Diebe“ durch kriminelle Spannung und räuberischem Spaß.
Eine spannende Geschichte über die verwaisten Geschwister Prosper und Bo, die sich weigern, durch ihre schnöselige Tante getrennt zu werden. Durch eine Flucht nach Venedig werden sie Teil einer räuberischen Kinderbande, angeführt vom geheimnisvollen Scipio, der unbedingt erwachsen werden will. Als sich eine magische Möglichkeit dazu ergibt und ein aufdringlicher Detektiv den Geschwistern nachspioniert, stellt sich immer mehr die Frage, ob es nicht besser ist, seine von Unterdrückung und Machtlosigkeit geprägte Kindheit aufzugeben und schnell ein freier Erwachsener zu werden.
Ernste Ausgangssituationen, die von den Spielern und Spielerinnen jedoch auf geniale Weise durch spannende, lustige oder auch liebenswerte Dialoge rübergebracht werden. Auch wenn Kindheit und Erwachsensein im Stück zu wahren Gegensätzen werden, amüsiert haben sich sowohl Groß als auch Klein.
Mit einem kreativ gewählten Bühnenbild, bunten Kostümen und unzähligen Requisiten wurde das Stück ästhetisch und jede Rolle lebendig. Ob im Schuhkarton des Detektivs wirklich die Schildkröte Lando wohnt, wie ein Kind nach der Schulaufführung wissen wollte, bleibt wohl ein Geheimnis. Fast alle Spieler und Spielerinnen spielten mehrere Rollen, diese wurden durch faszinierend schnelle Kostümwechsel ausgetauscht, manchmal direkt in der nächsten Szene. Auch bei der Musik, passend zur Venedig Atmosphäre, war das Publikum gefesselt und die Köpfe nickten während Umbauten im Takt mit, welche die Darsteller und Darstellerinnen selbst in die Hand nahmen. In beeindruckender Geschwindigkeit wechselten sich die Schauplätze. Ob Sternenversteck, Laden von Barbarossa, Scipios Zuhause oder Büro des Detektivs – jeder Platz wurde individuell gestaltet und hatte großen Wiedererkennungswert.
Die vielseitigen Charaktere des Stücks wurden ausdrucksstark von Isabel Bauknecht, Quinn Clay, Peter G., Luise Herdin, Vincent Jeschka, Sofia Ostrovskich, Lou Rausch, Ida Rothenburg, Katharina Steiner, Lilia Stocker und Sophie Wisst verkörpert. Die Jugendlichen trugen mit ihrem effektvollen Spiel zu einem großartigen Theatererlebnis und sehr gut gelungenen Aufführungen bei, wobei jeder und jede seinen individuellen Stil eingebracht hat.