NÜRTINGEN. Die Eckbank-Moderatorin Evelyn Fade hatte den früheren Oberbürgermeister Alfred Bachofer zum Gespräch in den Kroatenhof eingeladen. Von 1980 bis 2003 leitete Bachofer die Geschicke Nürtingens – fast ein Vierteljahrhundert, das die Stadt geprägt hat.
„Herr Bachofer, wenn Sie heute durch Nürtingen gehen – auf was sind Sie besonders stolz?“, fragte Fade. Bachofer nannte die Neubebauung des Rathausareals mit Tiefgarage, Bürgertreff, Stadtbücherei und moderner Verwaltung. Auch das Schlossbergareal, die Wohnanlage und das Kinderhaus am Kroatenhof zählen zu den wichtigen Projekten. Stolz sei für ihn nicht das richtige Wort, sagt er. Entscheidend sei, dass die Ideen, an denen viele beteiligt waren, der Stadt bis heute dienen.
Ein zentrales Anliegen seiner Arbeit war das generationenübergreifende Zusammenleben und der Respekt vor dem Alter. Daraus entstand das Konzept der Wohnanlage am Kroatenhof – eigenständiges Wohnen, verlässliche Betreuung und Räume, in denen Jung und Alt aufeinandertreffen. Das Kleeblatt-Projekt, der Zusammenschluss aus Kindergarten, Bürgertreff, Stadtmuseum und Wohnanlage, verbindet Menschen aller Altersgruppen miteinander. Gemeinsam mit Karin Frieß von der Samariterstiftung entwickelte Bachofer dieses Modell, das auch heute nach fast 30 Jahren noch sehr zeitgemäß ist. Weil ein Neubau die Stadt finanziell überfordert hätte, wurde ein Bauträger gefunden, der die Wohnungen verkaufte. Die Stadt blieb Eigentümerin der Gemeinschaftsflächen, die Samariterstiftung übernahm die soziale Betreuung. Die Wohnungen wurden zunächst verpflichtend über die Stadt vermietet, mit dem großen Vorteil einheitlicher Mieten und einer Anlaufstelle für Interessenten. Bis 2022 ist die Stadt nach und nach ganz aus der Vermietung ausgestiegen, ist aber aktive Trägerin der Anlage geblieben. Das Modell funktioniert bis heute.
Aus dem geplanten Seniorentreff entwickelte sich der Bürgertreff – offen für alle Nürtinger. „Aber kein Konzept funktioniert ohne Menschen“, sagt Bachofer. Er erinnert an Hannes Wezel, der den Bürgertreff mit Leben füllte, und an viele, die Verantwortung übernommen haben.
Bachofer übernahm schon früh Verantwortung. Bereits mit 27 Jahren wurde er im badischen Kuppenheim Bürgermeister, schon damals begleitet von seiner Frau Renate. Bezugnehmend darauf fragte Fade: „Herr Bachofer, Ihre Frau war Ihnen über all die Jahre eine ständige Begleiterin – welchen Einfluss hatte ihre Meinung auf Ihre Entscheidungen, und welche Rolle spielte sie für Sie persönlich dabei?“ Bachofer lächelte. „Renate war immer Teil meiner Arbeit. Wir haben jede größere Entscheidung gemeinsam besprochen, ihre Meinung war mir entscheidend. Ohne sie hätte ich manches nicht so entschieden.“ Sie lernten sich während ihrer Ausbildung kennen. „Sie hätte selbst gern ein Amt übernommen, aber das war damals für Frauen kaum möglich.“
Auf die Frage nach Auszeichnungen antwortet er ruhig: „Ein Beruf wie dieser muss aus dem Herzen kommen. Nicht der Ehre wegen.“