Licht der Hoffnung
GlasBlasSing spielen für Licht der Hoffnung in Frickenhausen
Beim letzten Konzert der aktuellen Auflage von„Licht der Hoffnung“ treten GlasBlasSing am Samstag im Erich-Scherer-Zentrum in Frickenhausen auf. Jan Lubert erklärt im Gespräch vorab das durchaus ungewöhnliche Konzept der Band, die Liedgut aus Leergut zaubert.
FRICKENHAUSEN. Manchmal ist es ja wie verhext. Ein Künstler oder gleich eine Gruppe von Künstlern verfügt über gehöriges Können – und selbst ist er von sich und seiner Sache auch absolut überzeugt. Einziges Problem: das Publikum honoriert das nicht. Manchmal hilft da ein radikaler Wandel, am besten einhergehend mit einem ganz neuen und am besten einmaligen Konzept. Einer Gruppe von Musikern aus dem Harz rund um Jan Lubert, von seinen Mitstreitern Fritze genannt, erging das so vor über 20 Jahren: Sie tauschten ihre konventionellen Instrumente gegen Flaschen.
Seitdem klopfen, pusten, ploppen, schütteln, klimpern, zupfen, klappern, ritschen, knistern, werfen, fangen, knicken und scheppern sie sich unter dem Namen GlasBlasSing durchaus erfolgreich durch die Säle der Republik. Am Samstag, 4. Februar, 20 Uhr, machen sie Station im Festsaal des Erich-Scherer-Zentrums in Frickenhausen. Dort bestreiten sie den Abschluss des Kulturprogramms unseres Festivals „Licht der Hoffnung“. Vorab gewährte Jan Lubert in einem Gespräch Einblick in die klingendste Flaschensammlung Deutschlands.
Eigentlich war es eine Schnapsidee. In einer Kneipe entstanden. Anfang des Jahrtausends. Die Jungs bliesen auf Flaschen. Und siehe, oder besser höre da: Das Ergebnis konnte sich hören lassen. Als Band eines europäischen Jugendmusical-Projekts in Litauen stellten sich die Musiker dann nach dem Auftritt auf Flaschen blasend vor. Die Recycling-Blaserei kam gut an. Und so probierten die Musiker diese Idee einfach mal als Straßenmusiker aus. Auch hier stellte sich Erfolg ein. Und so konnte die Straße gegen den Konzertsaal getauscht werden.
Dabei wuchs die Audience und auch die anfangs fünfköpfige Formation von GlasBlasSing auch temporär ganz schön an: Vor bald zwölf Jahren holte das ZDF die Jungs zur „Wetten, dass“-Außenwette nach Halle an der Saale. „Wir mussten 5000 Leuten ein Stück von Händel beibringen“, blickt Jan Lubert auf den medial erfolgreichsten Auftritt zurück. Man stimmte die Flaschen, verteilte sie entsprechend – und machte das Publikum zum Ensemble.
Apropos: Wie stimmt man denn nun eine Flasche? Ganz einfach: „Je mehr Wasser man einfüllt, desto höher wird der Ton“, erklärt Lubert. Und andersrum natürlich. Doch das Blasen ist natürlich nicht die einzige Möglichkeit, dem Leergut Liedgut zu entlocken. Man kann auch mit den Daumen ploppen. Das weiß auch der flaschenmusikalische Laie. Und selbstverständlich lässt sich eine ganze Perkussionsmaschine bauen, um das Schlagzeug zu ersetzen. Oder man baut sich eine xylophonartige Vorrichtung. Auch ein Bassinstrument kann man sich aus Flaschen zaubern, berichtet er. Und ein Gestell, mit dessen Hilfe sich die Flaschen ploppend nicht nur mit den Daumen, sondern dann auch noch mit dem Mund bearbeiten lassen. Oder wie wäre es mit einer „Fender-Coke-Caster“, einer Gitarre auf der Basis von Plastikflaschen?
So ein Gitarren-Ersatz ist freilich für Jan Lubert und seinen Bruder Andreas besonders interessant. Denn von Haus aus sind sie eigentlich Gitarristen. David Möhring kommt mehr aus Richtung Schlagzeug, kann aber ebenso viele andere Instrument spielen. Für die Entwicklung des Instrumentariums ist viel Erfinder- und Versuchsgeist nötig. Doch den drei verbliebenen Freunden von GlasBlasSing macht es Spaß. Und dem Publikum auch. Die Jungs gingen so weit, dass sie sich auch einen Sampler als Loop-Gerät für die verschiedensten Flaschentöne entwickelten. Alles in allem gehört es zum Portfolio des Trios, die Leute immer wieder damit zu überraschen, dass es gelingt, aus den Flaschen die entsprechenden Töne zu entlocken.
Dabei ist die „allgemeine Becks-Bierflasche“ das Kerninstrument, wie Lubert doziert. Der kleine, grüne 0,3-Liter-Klassiker mit dem langen Hals klingt eben gut. „Und sie lässt sich gut halten“, beschreibt Lubert die Vorzüge. Drei Flaschen in jeder Hand, das ist das Maximum. Wenn die Töne tiefer werden sollen, greift man zur Seltersflasche.
Findig müssen GlasBlasSing nicht nur beim Instrumentenbau, sondern auch bei der Songauswahl sein. „60 Prozent sind gecovert“, hält Lubert fest. Es kann natürlich nicht nur ein Kriterium sein, was gefällt. Es muss mit dem ganz besonderen Instrumentarium auch gut arrangierbar sein. „Alte klassische Sachen haben die schönsten Melodien“, sagt Jan Lubert – und spricht dabei von „Zirkusnummern“. Mozarts „Türkischer Marsch“ ist da ein Beispiel.
Bei der Programmauswahl festlegen lassen sich GlasBlasSing aber selbstverständlich nicht. Lubert: „Wir spielen alles quer durch den Gemüsegarten.“ Alles, was auf Flaschen geht und natürlich auch unterhaltsam ist, wird aufgeführt. „Wir überraschen unser Publikum immer wieder mit unserer Auswahl“, berichtet er von den Bühnenerfahrungen der vergangenen zwei Jahrzehnte. Da gibt es neben den melodiösen Klassikern auch aktuelle Pop-Nummern oder Hip-Hop.
Im Repertoire finden sich zum Beispiel auch Nummern von Pharrell Williams. „Lucky“ und „Happy“ sind beide dabei. Froh und glücklich. Das könnte für die Kunst von GlasBlasSing überhaupt stehen. „Wir machen Musik-Comedy“, bekennt Lubert. Wenngleich die Musiker ihre Kunst natürlich sehr ernst nehmen und professionell sind: Ernst meinen könne man Musik mit Flaschen natürlich nicht. Dazu erzählen sie dann auch allerhand Quatsch. Aus dem Alltag eines Flaschenmusikanten eben. Und so fordert Lubert letztlich die Menschen dazu auf, einfach mal am Samstag nach Frickenhausen auf den Berg zu kommen: „Sie sollen sich überraschen lassen.“
Eintrittskarten für das GlasBlasSing-Konzert in Frickenhausen gibt es für 20 Euro im Vorverkauf im Stadtbüro der Nürtinger Zeitung, Am Obertor 15, Telefon (0 70 22) 94 64-150 oder unter E-Mail nz-vorverkauf@ntz.de.
Nürtingen | 30.11.2024 - 05:00
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