Licht der Hoffnung
Das Glasperlenspiel
Licht der Hoffnung: MoZuluArt sorgten für ein im wahrsten Sinne des Wortes bewegendes Auftaktkonzert in Neuffen
Sie schaffen es halt immer wieder: Herrscht bei einem Konzert von MoZuluArt zunächst eine eher andächtige Stimmung, so steht am Ende die ganze Kirche Kopf. Diese ganz erstaunliche Wandlung vollzog sich auch vorgestern Abend in der Martinskirche zu Neuffen – beim furiosen Startschuss zur 25. Auflage unserer Aktion „Licht der Hoffnung“.
„Aller guten Dinge sind drei“: Dieses Sprichwort bewahrheitete sich am Martinstag: Zum dritten Mal waren die aus Zimbabwe stammenden Sänger Vusa, Ramadu und Blessings (so stehen sie immer von links nach rechts auf der Bühne) und der Österreicher Roland Guggenbichler zu Gast beim Festival der Hoffnung, zum dritten Mal ließen sie europäische Klassik und Folklore aus dem südlichen Afrika miteinander verschmelzen, zum dritten Mal rissen sie ihr Publikum mit – und zwar mitten hinein in einen Freudentaumel.
MoZuluArt – das ist gewissermaßen ein Gesamtkunstwerk: Ramadu, Blessings und Vusa sind drei fantastische Sänger, deren stimmliche Bandbreite von ganz tief bis ganz hoch reicht, die einen mit ihren Schnalzlauten immer wieder frappieren, die fantastische Kunst in einer unglaublichen Leichtigkeit zu zelebrieren vermögen. – Wobei das vermutlich daher rührt, dass sie bei allem, was sie tun, zwar mit ihrem ganzen Körper dabei sind, sie dabei auch schon rein sportlich Höchstleistungen vollbringen – aber das eigentliche Tüpfelchen aufs i daher rührt, dass eben alles in ihren Herzen wurzelt.
Sie „performen“ (wie man heute so schön auf Neudeutsch sagt) nicht irgendetwas. Das könnten andere auch. Sondern sie leben ihre Musik. Genauso, wie sie es vermutlich daheim in einem Dorf im Zimbabwe tun würden.
Da ist nichts Aufgesetztes, da ist alles authentisch. Da bricht sich die Freude einfach Bahn. Und der kann sich keiner entziehen. Der Funke springt über, ob man will oder nicht. Freilich: Schon nach ein paar Minuten will im Grunde jeder.
Dazu leistet auch Roland Guggenbichler seinen Beitrag – ein begnadeter Pianist. Seien es eher getragene klassische Melodien oder fetziger Boogie Woogie – er ist in beidem zuhause, fühlt sich in beiden musikalischen Welten pudelwohl. Man kann nur staunen, wie er zuweilen nahtlos die Übergänge schafft, blitzschnell Stimmung und Tempo variiert und gerade dadurch buchstäblich spielerisch eine Einheit schafft, die man zuvor fast für unmöglich erachtete.
Die vier im Hintergrund darf man indes weder vergessen noch gering achten. Die Streicher meistern einen Spagat, der es in sich hat, der zunächst weiter zu sein scheint als die Distanz zwischen Salzburg und Zimbabwe. Aber auch die kommen glänzend damit zurecht: Cristian Nenescu, Wang-yu Ko (beide Geige), Gejza Jurth (Bratsche) und Hulda Ewald (Cello) sitzt zudem erkennbar der Schalk im Nacken, sie spielen nicht nur vom Blatt, sondern können genauso improvisieren.
Nichts ist aufgesetzt, alles ist authentisch
Die größte Auszeichnung für ein Konzert ist es wohl, wenn das Publikum spürt, dass es denen auf der Bühne selbst Vergnügen bereitet. Die acht zwischen Altar und Taufstein der Martinskirche hatte einen geradezu kindlichen Spaß miteinander und aneinander. Dies mitzuerleben – auch das trug dazu bei, dass dieser Abend zum Hochgenuss wurde.
Und dann gab es natürlich auch die Momente, die förmlich unter die Haut gingen. „In dieses heil’gen Hallen“ aus Mozarts „Zauberflöte“ zum Beispiel – das war mehr als „die Arie des Zarastro“, wie das Stück in der Musikliteratur offiziell heißt, auch mehr als ein Song mit heißen Rhythmen.
In der Interpretation von MoZuluArt wird es vielmehr zur Hymne: Der Hass wird überwunden, die Rache hat keinen Platz – stattdessen wird ein Freudenfest des Friedens gefeiert, bei dem alle Dämme der Konventionen brechen. Weil man ganz in der eigenen Mitte ist – und sich gerade dadurch für andere öffnen kann.
Auf gerade das kommt es heutzutage an. Unsere Gegenwart wird in Geiselhaft gehalten – die Angst vor dem Fremden hält sie im Würgegriff. Obwohl dies keiner ahnen konnte, als das Programm des Festivals der Hoffnung zusammengestellt wurde, erwies sich: Dieses Konzert kam gerade zum richtigen Zeitpunkt.
Weil es geradezu körperlich spüren ließ: Da, wo man sich wirklich begegnet, da verliert das Fremde seinen Schrecken. Dann verschwimmen die Grenzen, dann verschwindet, was trennt, dann verbindet, was man neu entdeckt.
Dann weiß man zum Beispiel nicht mal mehr so genau, was nun im Detail europäische Klassik und was afrikanische Folklore ist. Das Schöne dabei: Es spielt auch keinerlei Rolle mehr. Weil man sich in der Offenheit des Herzens begegnet. Einfach so. Von Mensch zu Mensch.
Hermann Hesse hat in seinem letzten großen Werk, dem „Glasperlenspiel“ seiner Sehnsucht nach einer Art Universalsprache, die alle Sachgebiete miteinander verknüpft, Ausdruck verliehen. Manch einem mag das zu theoretisch dünken, andere wieder es als zu idealistisch wähnen.
Aber wer ein Konzert von MoZuluArt miterlebt hat, der spürt irgendwie tief in sich drin: Vielleicht könnte es doch gelingen. Weil jedes Mal mehr als nur eine Saite in der Seele mitschwingt. Und das Herz zum Klingen bringt.
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