Leserbriefe

Wer sagt dem Kaiser die Wahrheit?

Jürgen Haußmann, Nürtingen. Zum Kommentar „Machbar – aber auch sinnvoll?“ vom 22. Juni.

Uwe Gottwald hat in seinem Kommentar zu der letzten Nürtinger Gemeinderatssitzung das Dilemma der Bahnstadt richtig erfasst. Der Kommentar gleicht ein wenig der Geschichte von Kaisers neuen Kleidern. Dort ist es ein Kind, das ausruft was alle sehen, aber sich nicht trauen auszusprechen: Der Kaiser ist nackt.

Gottwald fordert die Verantwortlichen auf, nochmals auf die Inhalte der bisher vorliegenden Entwürfe zu schauen und über bessere Lösungen nachzudenken. Dies ist auch das Anliegen der von vielen Bürgern der Kirchheimer Vorstadt mitgetragenen Initiative. Diese verweigert sich nicht pauschal einer Weiterentwicklung des Bahnstadtgeländes. Sie erwartet aber, dass die Belange der Bürger vor Ort und ihre Ideen ausreichend berücksichtigt werden. Ausführlich hat die Initiative mit Stadtverwaltung, Oberbürgermeister und mit allen Fraktionen gesprochen. Sie hat einen offenen Austausch mit den Projektverantwortlichen organisiert. Die Gespräche mit den Fraktionen offenbarten übergreifend, dass es bei den Gemeinderäten erstaunlich viele offene Fragen zu dem Projekt gibt. Entschuldigend wurde auf die hohe Komplexität und die sich laufend verändernden Rahmenbedingungen hingewiesen. Allein die Bitte, den „Mobiltäts-Hub“ zu beschreiben und die Umstände aufzuklären wo, wie, wann und mit welcher Kapazität er gebaut wird, hat zu einem Dutzend sehr unterschiedlicher Antworten geführt.

Ist es zulässig, bei einer derartigen Bestandsaufnahme solche Entscheidungen zu treffen wie der Gemeinderat am letzten Dienstag? Wo ist die Person, die dem Gemeinderat, der Verwaltung und dem Oberbürgermeister die Wahrheit zuruft, wenn doch alle wissen, dass das Projekt so und zu den vorgesehenen Kosten nicht funktionieren wird?

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