Leserbriefe

Vorurteilsfrei an Themen herangehen

Pit Lohse, Nürtingen. Zum Leserbrief „Unterschiedliche Bewertung“ vom 25. Januar. Herr Weible ist irritiert. Irritationen entstehen meistens dann, wenn eine vermeintlich sicher geglaubte Wahrnehmung der Realität nicht standhält. Seit zwei Jahren wird das Thema Melchior-Areal öffentlich behandelt. Herr Weible hat diese Zeit nicht genutzt, um die unterschiedlichen Aspekte, wie aber auch die Arbeitsgruppen, kennenzulernen. Neben den öffentlichen Sitzungen und einem Workshop gab es eine Präsentation im Gemeinderat. Ihm ist wohl auch entgangen, dass die Arbeitsgruppe immer wieder versuchte, auf den Gemeinderat zuzugehen. In der öffentlichen Präsentation hätte er erlebt, dass die Arbeitsgruppe von einer Vision sprach und den Gemeinderat um Mithilfe bei der Lösung gebeten hat. Entgangen ist ihm offensichtlich auch die intensive Abwägung zwischen naturbelassenem und umbautem Raum, der Nutzung durch die Zielgruppen sowie der Mehrwert für die Stadt. Kultur ist kein weicher Standortfaktor, sondern stärkt im Wettstreit der Kommunen das Profil einer Stadt.

Leider greift auch Fabian Weible für seine Argumentation auf Bilder zurück, die lediglich Emotionen wecken und polarisieren. Dazu gehört das im Gemeinderat vorgeführte Neckarbild von Thaddäus Kunzmann mit der drohenden Bebauung bis ans Neckarufer, die Zahl von schlagartigen zehn Millionen Euro Schulden, der unter die Gürtellinie geführte Angriff auf Bürgermeisterin Grau und der Vergleich mit dem Sport.

Auch vonseiten der Jungen Union wird nichts dazu beigetragen, dass die Fortführung eines konstruktiven Dialogs und der Bewertung der unterschiedlichen Aspekte in vertrauensvoller Atmosphäre stattfinden kann.

Da war die große Mehrheit des Gemeinderates in der entscheidenden Sitzung weiter. Ihr möchte ich auch meinen Dank aussprechen, dass das Miteinander und das Abwägen über die Polarisierung gesiegt haben. Wenn die Rahmenbedingungen offen und transparent sind, alle Aspekte aufgeführt sind, in einen Ideenwettbewerb einfließen und dann noch mit Bedacht und Wohlwollen durch die politisch gewählten Vertreter abgewogen wird, dann bin ich überzeugt, dass für Nürtingen eine gute Lösung herauskommt. Ob diese dann genauso aussehen wird wie die Vision der Arbeitsgruppe zum Kunst-, Kultur- und Bildungszentrum, spielt dann keine Rolle mehr.

Die Nürtinger brauchen keine politischen Gegner und Feindbilder, aus denen manche die Legitimation für die gemeinderätliche Arbeit ableiten. Die Nürtinger brauchen Menschen, die vorurteilsfrei an Themen herangehen, die bereit sind, ihren Wissensstand mit anderen abzugleichen und zu erweitern, und die sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen und sich einbringen.

Zur Startseite