Leserbriefe

Soll man die Bibel wörtlich nehmen?

Eberhard Ellwanger, NT-Reudern. Zu den Leserbriefen „Die biblische Schöpfungsordnung“ und „Für die Mehrheit zu sprechen ist anmaßend“ vom 5. März.

In der vorgegebenen Kürze gehe ich auf die Leserbriefe zum Thema Synodaler Weg ein. Ich habe über die Wortwahl derer gestaunt, die Gottes Wort und die Kirche „verteidigen“ wollen. Angeblich will man Woelki und Fürst „abschießen“, die Heilige Schrift soll ignoriert werden und die Befürworter des Synodalen Weges sind pervers. Soso. Da könnte man munter kontern mit „traditionsverliebten, ewiggestrigen und Vatikan-hörigen Betonköpfen“. Schon steht es unentschieden beim Austausch von Unnötigkeiten, die niemanden weiterbringen.

Sollen wir die Bibel tatsächlich wörtlich nehmen? Wer glaubt, die Bibel sei Gottes Wort (wobei Gott – im Gegensatz zu Mohammed – die Bibel nicht diktiert hat) und sei wörtlich zu nehmen, soll bitte alles beachten! Zum Beispiel das Wort „verlassen“ in Korinther 6,9 oder den „wiederkäuenden Hasen“ in 3. Mose 11,6 oder alle(!) Gräuel bei Mose und nicht nur jenes, das wunderbar in die Argumentation gegen Schwule und Lesben passt. Nähmen wir die Bibel wörtlich, hätten wir zudem alle keinen Glauben, wie in Lukas 17,5-6 beschrieben. So kommen wir nicht weiter. Dann doch lieber verstehen, was jeweils gemeint ist!

Was wird in den beiden Leserbriefen verteidigt? Ist es tatsächlich Gottes Wort, die Tradition oder der eigene Wertehorizont? Was wird uns genommen, wenn Frauen Priesterinnen oder Bischöfinnen werden, wenn Schwule und Lesben heiraten und die Bibel tatsächlich verstanden wird? Laut Roland Süßmuths Leserbrief wird uns durch andere Glaubenshaltungen Lebensglück geraubt. Ich glaube, dass durch die Werte des Synodalen Weges vielmehr das ergänzt wird, was uns verbindet in der Nachfolge Jesu. Ich glaube weder, dass Gott irgendetwas davon hält, wenn aus konservativen Schützengräben scharf geschossen wird, noch dass Gott uns zu seiner Verteidigung braucht, und auch nicht, dass die menschengemachte ablehnende Haltung gegenüber Frauen und Homosexuellen jemals Gottes Willen war und sein wird. Das Evangelium ist voll von Beispielen, wie wir uns annehmen sollen – und dies völlig ohne Vorbedingungen.

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