Leserbriefe

Keine verlässliche Diplomatie

Ulrich Immendörfer, Frickenhausen-Linsenhofen. Zum Artikel „Biden hält Putin für einen Mörder“ vom 18. März. Mörder! Joe Biden nennt Putin einen Mörder. Schon dass ihm die Frage gestellt wurde, ob er Putin für einen Mörder hält, zeigt die geschichtsvergessene Haltung auch des Fragestellers.

Sicher, die Politik Putins hat vielen Menschen das Leben gekostet. Fragen wir aber nach den menschlichen Opfern der amerikanischen Politik, so stoßen wir auf ebenfalls große, wahrscheinlich sogar noch viel größere Opferzahlen. Wie viele Menschenleben hat der Drohnenkrieg Obamas gefordert? Wie viele der Rachefeldzug G.W. Bushs in Afghanistan? Wie viele der vollkommen unnötige Irakkrieg? Wie viele die Kriege George Bushs des Älteren? Wie viele Menschen kommen um bei dem Versuch, den Grenzzaun zwischen Mexiko und den USA zu überwinden?

Wir haben geglaubt, nach der Regierung Trumps kehrt mit Joe Biden wieder Verlässlichkeit und Menschlichkeit in die amerikanische Politik ein. Seinen Gegner als Mörder zu bezeichnen, ist keine verlässliche Diplomatie. Trumps Politik war problematisch, aber einen Krieg hat er nicht begonnen und geführt.

Er hat sogar einmal auf einen amerikanischen Vergeltungsschlag verzichtet, um unschuldige Opfer zu vermeiden. Die Äußerung Bidens führt hoffentlich zu keinem Waffengang. - Man kann von Putin halten, was man will, aber durch solche Vorwürfe vertieft man nur die Feindschaft, statt die bilateralen Bezie- hungen zu verbessern.

Mörder? Zeigen wir nicht mit Fingern auf die USA und auf Russland. Bedenken wir, welche Verbrechen gegen die Menschlichkeit wir als EU und auch als Deutsche begehen. Wir verteidigen die Grenzen unseres Wohlstandsgebiets mit Zäunen, mit Frontex, mit Verordnungen. Viele der von uns abgeschobenen Flüchtlinge gehen dem sicheren Tod entgegen.

Mit unseren Waffenexporten schüren wir Kriege in aller Welt und tragen dazu bei, weitere Flüchtlingsströme entstehen zu lassen, die wir dann an unseren Grenzen aufzuhalten versuchen. - Unser kapitalistisches Wirtschaftssystem sorgt für freien Warenverkehr. Die Menschen aber sollen gefälligst da bleiben, wo sie sind. Von den Opfern dieser Wirtschaftspolitik wollen wir nichts wissen. Hunger gilt uns nicht als triftiger Flucht- und Asylgrund. Weder die USA noch wir als EU sollten deshalb andere, z.B. Putin und seine Regierung, als Mörder bezeichnen. Wir sollten darauf schauen, dass durch unsere EU-Politik und durch deutsche Politik kein Mensch zu Schaden kommt. Wenn wieder Wahlen sind, schauen wir genau hin, welche Partei dem Weltfrieden und der Wohlfahrt aller Menschen am ehesten zu dienen verspricht.

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