Leserbriefe

IBA’27: Welche Ziele werden verfolgt?

Kai Hansen, Nürtingen. Zum Artikel „Ist die Bahnstadt als IBA-Projekt gefährdet?“ vom 12. Juli und „Wie geht es im IBA-Quartier in der Nürtinger Bahnstadt weiter?“ vom 14. Juli.

Am Dienstag erschien in der Nürtinger Zeitung ein informativer Artikel zum Stand im Projekt Bahnstadt in Nürtingen nach vier Jahren Vorbereitung. Am selben Tag abends tagte der Bauausschuss des Gemeinderats zum selben Thema. Tatsächlich entsprechen die Hoffnungen, was bezahlbaren, ansehnlichen und nach EnergiePlus-Kriterien erbauten Wohnraum angeht, dem großen Bedarf der Bürger. Die vom Gemeinderat beschlossenen Zielstellungen folgen auch dem Versprechen „Wir bauen für Nürtinger Bürger“. Vier Jahre Planungen zur IBA’27, moderiertes Du-darfst-Wünsche-haben der Bürger und Investitionen in große Worte (nachhaltig, zukunftsfähig, gemeinwohlorientiert, Vielfalt), in Analysen und Zeit: Mit welchem Ergebnis?

Dazu hielt der IBA’27-Intendant eine Brandrede, in der Baukosten zum alternativlosen Handlungsmotiv für das Vergabe-Verfahren gemacht wurden. Alles ist aktuell teurer geworden. Man könne nicht mehr wie in den 80er-Jahren denken. Aber was war denn da besser? Wenige große Bauträger, die möglichst viele Wohnungen bauen, ist offenbar die neue Lösung. „Die Bürger können dann immer noch sozial miteinander über Wohnformen entscheiden.“ Kein Wort über zukunftsfähige Bau- und Energie-Konzepte, kein Wort mehr über die guten, verschriftlichten Ziele der IBA’27, die unter anderem so klingen: „Bezahlbares Wohnen durch solidarische Finanzierungs- und Eigentumsmodelle ist Standard, vielfältige Wohnformen spiegeln gesellschaftliche Wirklichkeit wider.“

Herr Hofer warb stattdessen für Beschleunigung statt für bauliche Erneuerung. „Nur, wenn alles perfekt durchgeführt werden kann, zum Beispiel durch Systemeinkauf, kann eine Miete von 14,50 Euro erreicht werden. Da müssen Profis ran“. Denn: „Sie können sich gar nicht vorstellen, wie anstrengend es ist, bürgerbeteiligt über die Farbe der Küchenresopalplatte zu diskutieren.“

Das Neue ist das Alte. Fraglos ist: Es herrschen ungelöste Zielkonflikte: Man will Tiefgaragen, die Bauen erheblich verteuern. Man will höhere Stellplatzschlüssel und denkt kaum an Parkhausbau. Man lobt Klimaschutz aus, baut aber wie im letzten Jahrhundert. Man verspricht Erbbaupacht, will aber das eigene Tafelsilber höchstbietend verkaufen. Dabei ist Erbbaupacht für die Stadt einträglicher. Quo vadis, Nürtingen?

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