Leserbriefe

Geduld und Ausdauer gefordert

Peter Reinhardt, Neckartenzlingen. Die vielen Flüchtlinge, die zurzeit ins gelobte Land Deutschland strömen, machen uns Probleme – keine Frage. Eine Million Flüchtlinge, die in einem Jahr zu den 80 Millionen Menschen hinzukommen, die bereits in Deutschland leben, das ist keine Kleinigkeit. Aber sie kommen weiter. Da erschrickt manch einer: Wie soll denn das gehen? Aber: Hat Deutschland nicht schon größere Zuzugsströme erlebt? – nach dem Krieg? Oder nach der Öffnung der Mauer? Wie ging denn das?

Nicht problemlos – aber wir haben das geschafft. Und klar: Eine so plötzliche neue Lage – die zu bewältigen, das geht nicht von heute auf morgen. Wer ein schnelles Konzept fordert, verkennt die Größe des Problems, für das es keine Vorbilder und Verfahren gibt. Da ist Geduld und Ausdauer gefordert. Nur unbedachte Menschen glauben, schnelle Lösungen anbieten zu können. Die Rufe nach Schließung der Grenzen gehören zu den unbedachten Vorschlägen; die klingen allerdings so schrecklich einleuchtend. Als hätten wir nicht genug Erfahrung mit geschlossenen Grenzen: die Zonengrenze. Das wirksame Schließen von Grenzen geht nicht ohne hohe und mit Sprengfallen gesicherte Zäune – und nicht ohne Schießbefehl. Sollen wir die Menschen, die vor den Gefahren im arabischen Raum geflüchtet sind, mit Maschinengewehren vom Grenzübertritt abzuhalten versuchen? Höchst unmoralischer Unsinn! Sollen sie gefälligst in den Todeszonen in Syrien verbleiben? Das kann doch nicht unser Ernst sein!

Helfen könnte nur eines, die Länder, die viel größere Flüchtlingsmengen beherbergen als wir, großzügig zu unterstützen, um das Leben in den dortigen Lagern halbwegs erträglich zu machen – aber wer mag da Geld hinschicken? Der schlichte Ruf nach „Schließung der Außengrenzen“ ist populärer. Da flüchten sich viele lieber – wie Seehofer – in Illusionen: „Die Grenzen schließen! – Obergrenzen!“ Was will er denn machen, wenn die „Obergrenze“ erreicht ist? Schießen lassen? In Wahrheit hilft doch wohl bloß der mühsame Versuch, die anderen europäischen Staaten – und die Türkei – um Mithilfe anzugehen. Dass die nicht begeistert sind, ist auch klar. Da ist mühsame, langwierige, diplomatische Kleinarbeit gefragt. Ich meine: Merkel und ihre Mithelfer liegen da durchaus richtiger, als die, die schnell Scheinlösungen fordern – auch wenn dabei die EU kaputtgeht, der wir unseren Wohlstand verdanken.

Für schwierige Probleme gibt es keine einfachen Lösungen – nur am als richtig erkannten Ziel festzuhalten, kann aus der Krise führen.

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