Leserbriefe

Eine hilflose Spiegelfechterei

Reinmar Wipper, NT-Roßdorf. Das Corona-Virus braucht zur Verbreitung Feuchtigkeit jeder Art, aus Mund und Nase, versprüht, berührt oder verschmiert. Das passiert fast nie an der frischen Luft, sondern hauptsächlich in geschlossenen Räumen. Wo Menschen mit oder ohne Maske beisammen sind. Je länger desto wahrscheinlicher.

Die Viren sind in diesen Aerosolen wie im Taxi unterwegs. Im Freien fallen sie zu Boden, bleiben irgendwo hängen oder werden in die Lüfte verblasen. Dort verrecken sie alsbald, wenn sie nicht rechtzeitig einen menschlichen Wirt gefunden haben. Sagen die Virologen.

Übertragen wird das Virus nicht im Freien, wenn um mich herum weit und breit kein Mensch unterwegs ist. Auch nicht in meinem Auto, wenn ich alleine drinsitze um etwa von der Arbeit nach Hause zu fahren. Übertragen wird das Virus in geschlossenen Räumen mit mehreren Personen drin. Deswegen wäre es besser, einzelne Personen ab 21 Uhr nicht einzufangen und abzukassieren, sondern wegen ihrer Umsicht zu loben. In den Stuben, Hinterzimmern, Partyräumen und dergleichen mehr, wo das Virus fröhliche Urständ feiert, sind die Anordnungen wirkungslos. Deswegen sind Ausgangsbeschränkungen ab 21 Uhr hilflose Spiegelfechterei.

Ich danke Gott, dass ich mit meinen 77 Jahren noch nichts abbekommen habe, obwohl meine Frau seit vielen Monaten im vollen Kindergartenalltag steckt. Voller Arbeitstag in der Gruppe, personell häufig unterbesetzt, ohne Maske, weil sonst auch ohne Covid Erstickungstod droht. Mehr als 20 Kinder aus mehr als 20 Familien und damit mehr als 20 verschiedenen Berufen. Täglich also rund 150 mögliche Quellen einer Infizierung, sechs Stunden lang.

Offenbar greift Covid-19 nicht nur die Atemwege an, sondern auch die Gehirnwindungen der Zuständigen in Verwaltung und Behörden, denen das alles wurscht ist. Sie ducken sich im Homeoffice hinter ihren Bildschirmen und denken sich Anweisungen aus. Online natürlich. Denn weit vom Schuss gibt’s alte Krieger – das wusste schon mein Opa.

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