Leserbriefe

Die Träumerei vom klimaneutralen Diesel

Klement Giesel, Grafenau. Zum Artikel „Zaubertrank für den Dieseltank“ vom 11. Mai. Ja, die Möglichkeit aus erneuerbarem Strom sogenannte E-Fuels für Verbrennermotoren zu erzeugen, klingt sehr verführerisch. Und sicher kann das eines Tages eine Lösung sein, um zum Beispiel Flugzeuge, Schiffe und große Lkws klimafreundlicher zu machen. Doch alle, die in diesem Artikel zu Wort kommen, wollen auch sämtliche Pkws (!) mit Verbrennermotor damit versorgen mit dem Argument, dass diese Autos dann „klimaneutral“ fahren würden.

Der Pferdefuß: Man benötigt zur Herstellung von E-Fuels das Vielfache an EE-Strom als zum Betrieb eines E-Autos. Zum Vergleich: 40 Millionen E-Autos in Deutschland bräuchten knapp 20 Prozent der deutschen Jahres-Stromproduktion. Durch Effizienzsteigerung beim Stromverbrauch könnte man diese Menge kompensieren. 40 Millionen Autos mit Verbrennungsmotor bräuchten dagegen das Sechs- bis Siebenfache an Strom aus erneuerbarer Energie für die benötigte Menge an synthetischem Kraftstoff. Also mehr als unser gesamter jährlicher Stromverbrauch! Aber dummerweise bremsen Altmaier, Söder und die Werteunion seit Jahren den Ausbau von EE-Strom aus, mit Unterstützung der Oppositionsparteien FDP und AFD. Sie sägen also an dem Bein, auf dem Wasserstoff und E-Fuel aufbauen sollen und schieben das Ausbauproblem der EE frecherweise ausschließlich auf Widerstände der Bürger.

Deshalb soll dem Bericht zufolge dieser Kraftstoff in dem politisch instabilen Afrika mit Solarenergie produziert werden (die Scheichs würden sich auf jeden Fall über neue Abzockmöglichkeiten freuen!). Die E-Fuel-Begeisterten nennen allerdings keine Zeitspanne, wie lange es dauern würde, eine solche gewaltige Infrastruktur aufzubauen. Sie können (oder wollen?) auch nicht sagen, was der E-Fuel-Kraftstoff dann kosten würde, denn auch in Afrika gibt es Energie aus Parabolspiegeln und PV-Anlagen nicht zum Nulltarif, plus Umwandlung in Wasserstoff beziehungsweise E-Fuel, plus Transport, und, und, und. Die Herstellung von E-Fuel steckt noch mitten in der Entwicklungsphase. Eine mögliche massenhafte preiswerte Erzeugung steht noch in den Sternen. Mit der gleichen Menge EE-Energie kommt ein EAuto 100 Kilometer, ein E-Fuel-Auto gerade mal 15 Kilometer weit. Dieser irrsinnige Energieaufwand soll nur deshalb betrieben werden, um den Verbrenner auf Jahrzehnte retten zu wollen nach dem Motto: Koste es an Energien was es wolle – Hauptsache Kolbenmotor! Herr Köster und Co. sollten Acht geben, dass sie die Wende nicht vollends verschlafen. Denn das könnte die Verbrennerverfechter erst recht ins Mark treffen. VW scheint mit seiner Strategie die Zeichen der Zeit eher erkannt zu haben.

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