Leserbriefe

Die Scheidungen nehmen zu

Karl Jugl, Nürtingen. Zum Artikel „Nach 15 Jahren ist alles vorbei“ vom 12. Juli. Die Deutschen mögen es nicht mehr schwer. Sie binden sich nur noch ungern für längere Zeit. In Ballungsräumen wird mittlerweile jede zweite Ehe wieder geschieden. Paare, die seit Jahrzehnten zusammen sind, gelten inzwischen als Exoten. Die Ehe war einmal etwas Schweres. Man heiratete nicht der Liebe wegen, sondern um sich materiell abzusichern. Der Hafen der Ehe bot Schutz. Heute ist es fast umgekehrt.

Wer ein zwang- und sorgloses Leben führen will, der bleibt besser Single. Die sinkende Zahl der Eheschließungen und die wachsende Zahl an Scheidungen stellen auch eine Abstimmung mit den Füßen da. Selbst bei den Frauen, oft Profiteure der bisherigen Regelungen, sind die Meinungen in dieser Frage geteilt. Laut einer kürzlich veröffentlichten Umfrage sind 59 Prozent der berufstätigen Mütter der Meinung, dass sich geschiedene Mütter stärker um ein eigenes Einkommen bemühen sollten. Ist das Anspruchsdenken, das auch im Scheidungsrecht bizarre Blüten trieb, vielleicht gar nicht so weit verbreitet, wie die meisten Politiker denken? Gerade junge Frauen, die mittlerweile schon seit längerer Zeit, im Durchschnitt viel bessere Schulabschlüsse vorweisen können als das vermeintliche starke Geschlecht, die Männer, wollen gar nicht mehr von einem Mann finanziell abhängig sein! Bisher hat die Angst vor finanziellem Absturz so manche Ehe am Leben gehalten. Diese Hemmschwelle fällt weg. Es dürfte künftig noch mehr zusammengewürfelte Familien und Alleinerziehende geben. Ob das die Menschen, vor allen die betroffenen Kinder, glücklicher macht, darf bezweifelt werden!

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