Leserbriefe

Der Traum ist noch nicht Realität

Andreas Melcher, Frickenhausen. Zum Leserbrief „Das sind ganz einfach Gleichgesinnte“ vom 26. November. Zuerst eine Bemerkung: ich wollte nie jemandem einen „braunen Stempel“ aufdrücken, und niemandem ein braunes Hemd anziehen, der das nicht selber tut. Aber ich bin froh, dass ich jetzt endlich weiß, wer „das deutsche Volk“ ist. Da gehöre ich ja auch dazu! Ich habe nämlich auch eine Gesinnung, und die ist nicht nur gleich, sondern sogar noch viel gleicher als die von allen anderen. Darf ich deswegen jetzt auch bestimmen, was alle anderen zu tun, zu lassen und zu denken haben?

So weit der ironische Teil, wozu auch die Bemerkung mit dem „Arierpass“ aus meinem letzten Beitrag gehörte. Was ich ausdrücken will ist: es fehlt mir gerade noch, dass irgendwann mal ein Gesinnungsschnüffler in meiner Wohnung steht. Da ist mir jeder „Reigschmeggde“ lieber.

Aber jetzt ein paar ernsthaftere Aspekte zum Thema Volk, Aussterben, Zuwanderung. Wie Herr Reinhardt in seinem letzten Beitrag sehr gut beschrieben hat, war „das deutsche Volk“ schon immer ein Mischvolk – wie übrigens alle anderen „Völker“ auch! Da hilft Empörung auch nicht dagegen. Das fing schon mit „Herman the German“ zur Zeit der römischen Herrschaft an, ging bei der Völker(!)wanderung weiter, auch im Mittelalter, mit dem Austausch von Wissen und Kultur (und Genen), und mit dem beginnenden (globalen) Handel, es setzte sich im Dreißigjährigen Krieg fort (auch wenn das traurig ist). In der Neuzeit sind die (aus Frankreich geflüchteten) Hugenotten ein Beispiel. Zur Industrialisierung sind viele Menschen aus Polen eingewandert. In den 50er- bis 70er-Jahren waren es die „Gastarbeiter“ – diese Italiener, Griechen, Türken und so weiter haben Deutschland ja nicht nur kulturell und kulinarisch bereichert.

Die Völker, die sich solcher Zuwanderung konsequent verschlossen haben, sind mittlerweile alle ausgestorben. Gerade ein Volk, das „vom Aussterben bedroht“ ist, und gerade die älteren Angehörigen dieses Volks, sollten doch heilfroh sein, dass es Menschen gibt, die hier leben wollen und die irgendwann die Versorgung dieser „Eingeborenen“ sicherstellen werden. Alles was dazu nötig ist, ist die Bereitschaft der Zuwanderer, sich hier zu integrieren – was bei der schweren deutschen Sprache anfängt – und die Bereitschaft der „Eingeborenen“, das anzunehmen.

Das mag naiv klingen, aber ich möchte hier einmal Martin Luther King zitieren, der vor vielen Jahrzehnten sagte: I have a dream! Auch dieser Traum ist bis heute nicht ganz Realität geworden, es gibt immer noch Defizite und sogar wieder Rückschläge – aber dieser Traum lebt!

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