Leserbriefe

Das Wichtigste nicht erkannt

Christian Bürk, Nürtingen. Zum Kommentar „Schluss mit dem Egoismus“ vom 23. Mai.

Frau Gierlichs spottet nicht nur über die „rührigen Fluglärmgegner“, sondern schwingt sich auch zur Sprecherin der „Neckartäler“ auf, die sich angeblich über die vom neuen Fluglärm betroffenen Menschen wundern. Wobei unklar ist, wer genau mit „Neckartal“ gemeint ist. Das Neckartal ist verdammt lang. Nehmen wir einmal an, sie meint damit den Neckaralb-Raum im Landkreis Esslingen. Dann wüsste sie, dass es früher in Nürtingen überhaupt keinen Lärm durch planmäßige Flüge gab – Ausnahmen waren selten.

Menschen wählen den Ort ihres Lebensmittelpunktes gewöhnlich bewusst aus. Menschen, die sich in den Gemeinden niederließen, in denen bereits vor „Tedgo neu“ Fluglärmbelästigung herrschte, wussten, worauf sie sich einließen. Für sie waren Dinge wie eine allgemein vielfältigere Infrastruktur, bessere Verkehrsanbindung, kurze Wege in die Stadt, zu Kultur und zur Arbeit wichtiger. Menschen, die sich für Nürtingen entschieden, haben diese Vorteile vielleicht anders gewichtet, sich bewusst für größere Nähe zu Natur und mehr Ruhe entschieden und alle Nachteile in Kauf genommen. Aber sie durften auch darauf vertrauen, dass eine derartige Beeinträchtigung der Lebensqualität nicht quasi über Nacht und nur aufgrund eines zutiefst undemokratischen Prozesses über sie kommt. Keine neue Straße, kein neuer Gewerbebetrieb oder ganz allgemein: kein neuer Lärmemittent würde so urplötzlich in Wohngebieten wie jetzt hier auftauchen, ohne dass ein ausgewogener demokratischer Abwägungsprozess voranginge.

Schade, dass Frau Gierlichs das nicht erkennt, was inzwischen die Mehrheit der Fluglärmkommission eingesteht. Nämlich, dass es keinem nützt, wenn auf Teufel-komm-raus Lärm sozialisiert wird. Ansonsten könnte man nämlich auch argumentieren, dass es nicht nur auf den Äckern und daran angrenzenden Gebieten nach Gülle riecht, sondern auch auf dem grünen Stuttgarter Schlossplatz und in den Stuttgarter Parkanlagen. Die Gülle muss ja irgendwie weg, und schließlich sollen alle etwas davon haben? Nein: schade, dass von einer Redakteurin der Nürtinger Zeitung so ein Text veröffentlicht wird.

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