Leserbriefe

Berechtigter Streik der Kindergärten

Katja Kurz, NT-Oberensingen. Als Elternvertreterin eines Nürtinger Kindergartens, als Mutter von fünf Kindern, zwei davon im Kindergarten, und ebenso als berufstätige Mutter möchte ich persönlich Stellung nehmen zu den Streiks der Erzieherinnen.

Die Anforderungen an die Einrichtung Kindergarten haben sich gewaltig verändert. Unsere Kinder werden immer lauter und unbequemer wie die Vögel. Vielleicht ist es manchen Bürgern schon mal aufgefallen, wie laut die Vögel geworden sind? Es ist ihre Anpassung an unsere Umwelt.

Immer mehr Kinder werden lauter, kratzen, beißen, schlagen, laufen weg, weinen . . . Es sind nicht die Kinder, die böse sind! Wir sind es, die Erwachsenen, die Großen, die Entscheidungsträger, unsere Gesellschaft, unser Zusammenleben miteinander. Wir sind es, auf die zunehmend mehr Kinder verhaltensauffällig reagieren. Und sie haben recht, die Kinder! Sie wehren sich mit ihren Möglichkeiten gegen die Probleme, die sie haben durch Migrationshintergrund, Scheidung, finanzielle Sorgen in der Familie und Leistungsdruck. Es ist eine traurige Tendenz in unserer Gesellschaft, die jetzt auch die dörflichen Strukturen erreicht hat. Und wir überhören die Alarmglocken!

Die Problematik der Erzieherinnen hat sich gewaltig verändert. Und die neuen Anforderungen, die sich aus gesetzlichen Neuregelungen ergeben, wie zum Beispiel das Recht auf einen Kindergartenplatz ab zwei Jahren (Wickelkinder) und dem neuen Orientierungsplan, fordern die Erzieherinnen zusätzlich. Gute Ideen, aber wer kann das wann leisten?

56 Kinder und drei Erzieherinnen. Wenn sie Glück haben, dürfen sie noch nebenher eine Anerkennungspraktikantin betreuen. Fluch oder Segen, je nachdem wie fit die Praktikantin ist. Jetzt sind es die berufstätigen Eltern, welche die Ausfallzeiten zu organisieren haben. Aber ich bin überzeugt davon, dass wir zusammenhalten müssen, um etwas zu erreichen.

Wie soll unter solchen Voraussetzungen aus einem kleinen Menschen ein großer werden können? Mit positiven Werten, demokratischem Denken und Gerechtigkeitsempfinden? Es sind die Großen von morgen. Ich frage mich, warum die Stadt Nürtingen nicht mit ihren Kindergärten, die alle mit den oben genannten Problemen zu kämpfen haben, an einem Strang zieht, um die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen zu können. Die Stadt Esslingen hat ihre Erzieherinnen zum Streik ermutigt. Nürtingen hat mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen gedroht.

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