Leserbriefe

Baudezernent und Inklusionskonzept

Dorothea Röcker, Nürtingen. Zu den Artikeln „Inklusionsrat für Nürtingen in Vorbereitung“ vom 28. November 2022 und „Nürtingen sucht einen neuen Baudezernenten“ vom 30. Januar.

Letztes Jahr hat eine Arbeitsgruppe, deren ehrenamtliche Mitglieder oder deren Angehörige selbst von Behinderung betroffen sind, ein Inklusionskonzept erstellt. Es ist gegliedert in Handlungsfelder und Handlungsziele. Die Handlungsziele beschreiben den Zustand, der erreicht werden muss, damit das, was der Gesetzgeber mit der Ratifikation der UN-Behindertenrechtskonvention erreichen wollte, tatsächlich bei den Betroffenen ankommt.

Hier ein Beispiel aus dem Handlungsfeld Bauen: Handlungsziel 9.1.2 „Personen, die in städtischen Einrichtungen für die Planung verantwortlich sind, sind informiert über barrierefreies Bauen.“ In der Vergangenheit wurden also Projekte von Menschen geplant, beschlossen, genehmigt und gebaut, die weder die Normen für barrierefreies Bauen kannten noch die Belange der Betroffenen erhoben und abgewogen haben. Das hat spürbare Folgen für Menschen mit Handicap. So hat dieser Missstand auch den Weg in das Inklusionskonzept gefunden. Der Gemeinderat hat das Inklusionskonzept am 6. Dezember 2022 ohne Aussprache und ohne Gegenstimmen zustimmend zur Kenntnis genommen.

Das heißt, dass das Gremium hier Handlungsbedarf sieht. Die Verantwortung für Planung und Durchführung von Bauprojekten liegt zunächst beim Baudezernenten, der auch sicherstellen muss, dass seine Mitarbeiter die Regeln und Gesetze einhalten. Solange Entscheidungsträger diese Regeln nicht kennen, führt das zu der Art von vertrauensvoller Zusammenarbeit, in der jeder Akteur blind darauf vertraut, dass der andere schon nichts machen wird, was keinen Sinn ergibt. In den nächsten Monaten endet die Amtszeit des Baudezernenten, der sich nicht noch einmal bewerben will.

In Bezug auf barrierefreies Bauen ergibt sich die Chance, dass ein*e kompetente*r Nachfolger*in gefunden wird, der/die in der Lage ist, all diese Versäumnisse aufzuarbeiten und den Bau von neuen Barrieren zu verhindern. Der geplante Inklusionsrat kann das sicher nicht leisten und ein „weiter so“ für die nächsten acht Jahre darf es nicht geben.

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