Leserbriefe

Früher war es üblich, sich an Regeln zu halten

Peter Krüger, Nürtingen. Zum Kommentar „Digitales Petzen leicht gemacht“ vom 2. September.

Im Kommentar werden die Begriffe Denunziantentum und Blockwartmentalität gebraucht, Begriffe, die seit der NS-Zeit äußerst negativ besetzt sind. Als es Blockwarte gab, war Deutschland ein Polizeistaat, davon kann heute nun wirklich keine Rede sein, eher im Gegenteil. Vielleicht hätte die Autorin des Kommentars erst einmal nachlesen sollen, was mit diesen Begriffen wirklich gemeint ist, bevor sie solche Worte in ihren Kommentar einbezieht.

Auch bisher gab es die Möglichkeit, den Behörden mutmaßliche Steuer-Sünder zu melden, die Digital-Plattform ist also lediglich eine Ergänzung und steht nicht für eine grundlegend neue Möglichkeit.

Richtig ist allerdings, dass Kontrollen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens von vielen Bürgern als unangenehm und häufig auch als übertrieben empfunden werden. Wer falsch parkt und dafür ein Verwarnungsgeld bezahlen soll, der spricht schnell von „Abzocke“.

Früher war es im Prinzip üblich, sich an Regeln zu halten. Heute wird „Gesetzestreue“ häufig belächelt, nach dem Motto „schön blöd“. Ulrich Wickert hat schon vor Jahren einen Bestseller mit dem Titel „Der Ehrliche ist immer der Dumme“ veröffentlicht. Ein zunehmender Teil der Gesellschaft hält Regeln nur noch ein, wenn negative Sanktionen unmittelbar drohen, anderenfalls macht er was er will, frei nach dem Motto „das machen doch alle so“. Die schlechten Beispiele lassen sich zum Beispiel im Straßenverkehr täglich beobachten, bei gelbem Licht wird nicht gebremst, sondern noch Gas gegeben, bei rotem Licht fahren dann häufig noch ein bis drei Fahrzeuge durch. Wer hält denn an Stopp-Schildern noch wirklich an, wer benutzt den Fahrtrichtungsanzeiger beim Abbiegen, insbesondere beim Verlassen des Kreisverkehrs? Im Prinzip ist es die Aufgabe des Staates beziehungsweise der Verwaltung, in allen Bereichen für die Einhaltung von Gesetzen und Regeln zu sorgen. Dafür wäre mehr Personal erforderlich, das scheint aber politisch nicht gewollt zu sein. Dies lässt sich auch hier in Nürtingen beobachten, das Ordnungsamt scheint chronisch unterbesetzt zu sein, sonst gäbe es mehr und wirkungsvollere Kontrollen sowohl des ruhenden als auch des fließenden Straßenverkehrs.

Zur Startseite