Nürtingen
Kommentar zu Ladenöffnungsgesetz: Bayern zeigt, wie’s richtig geht
Der Gesetzentwurf muss dringend überarbeitet werden, damit nicht am Ende kleine Orte ohne Lebensmittelläden dastehen, meint Redaktionsleiter Kai Müller. Lesen Sie auch den Artikel „Tante-M-Läden bangen wegen eines neuen Gesetzes um ihre Zukunft“.
NÜRTINGEN. Die grün-schwarze Landesregierung hat sich den Bürokratieabbau auf die Fahnen geschrieben. Das ist ein hehres und wichtiges Ansinnen. Doch wie ernst ist es den Politikern wirklich damit? Oder sind das nur Sonntagsreden, um sich billigen Applaus abzuholen? Wer sich den Entwurf des Ladenöffnungsgesetzes anschaut, der muss ins Grübeln kommen. Es ist gut, dass die Landesregierung die rechtliche Grauzone für voll automatisierte Selbstbedienungsläden beheben will.
Negative Folgen sind zu befürchten
Aber das Wie wirft doch einige Fragen auf. Warum nur acht Stunden? Und warum müssen die Hauptgottesdienstzeiten ausgenommen werden? Sollte es so kommen, wäre es ein Rückschritt für die Nahversorgung in vielen Orten. Denn die Läden ohne Personal profitieren bis jetzt eben davon, dass sie auch am Sonntag von 5 bis 23 Uhr geöffnet haben dürfen. Dadurch wird mancher Umsatz generiert, der den gerade nicht so stark frequentierten Läden unter der Woche die Existenz sichert. Die Landesregierung würde mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wohl einigen Orten einen Bärendienst erweisen. Wenn der Tante-M-Laden schließt, wird es dort keinen Lebensmittelladen geben. Mit allen negativen Folgen, vor allem für ältere Bewohner. Die Verbraucher zahlen dann den hohen Preis für ein misslungenes Gesetz. Dass die Läden die verfassungsrechtlich geschützte Sonntagsruhe stören könnten, ist ebenfalls nicht stichhaltig. Schließlich arbeitet dort niemand und ein offener Laden wird sicherlich niemanden vom Kirchgang abhalten. Der Erhalt einer Nahversorgung muss da höher gewichtet werden. Alles andere ist völlig aus der Zeit gefallen.
Jedes Bundesland hat eine eigene Regelung
Hoffnung macht, dass es offenbar laut Wirtschaftsministerium noch Beratungsbedarf gibt. Die Landesregierung sollte sich in diesem Fall ein Beispiel an Bayern nehmen. Auch dort haben die Kirchen eine große Lobby. Trotzdem wäre eine 24-Stunden-Öffnungszeit der automatisierten Kleinstsupermärkte möglich. Warum in diesem Fall jedes Bundesland einen eigenen Weg gehen muss, erschließt sich nicht. Dadurch entsteht viel mehr ein Flickenteppich, bei dem keiner mehr durchblickt. Wie wäre es denn mit einer bundesweiten Regelung für die genannten Kleinstsupermärkte, die auf Personal verzichten? Bayern hat es ja schon vorgemacht. Das wäre doch mal ein sinnvoller Bürokratieabbau, ganz im Sinne der Verbraucher.