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Anders, aber doch normal

Realschülerin berichtet über ihren kleinen Bruder, der behindert ist

Sunnyboy Lars mit seiner Schwester

Christine Spillmann aus der Klasse 8a der Realschule Neuffen berichtet über ihren kleinen Bruder Lars, der behindert ist:

Mein kleiner Bruder Lars ist fast fünf Jahre alt und er ist behindert. Er war schon immer etwas Besonderes. Er ist an Heiligabend auf die Welt gekommen, einen Monat zu früh, doch er wollte wohl das größte Geschenk an diesem Tag sein. Es war eine nervenzerrende und anstrengende Geburt, für Lars, Mama (38), den Rest der Familie und natürlich auch mich, es dauerte fast eineinhalb Tage, bis er endlich da war.

Er war von Anfang an nicht normal, und kaum war er auf der Welt, mussten meine Eltern erfahren, dass er anders ist: er hatte eine spitze Stirn (wegen frühzeitiger Schädelnahtverknöcherung), krumme Finger und noch ein paar andere Sachen. Das war vielleicht ein Schock, doch das Schlimmste war, dass er nichts trinken wollte. Nach der Geburt in Nürtingen musste er nach Esslingen auf die Frühchenstation, weil die dort bessere Sachen hatten.

Und dann kamen die schlimmsten drei Wochen, die ich jemals hatte, denn mein Bruder lag in einem Kasten und ich durfte nur mit Mundschutz zu ihm. Wenn wir nach Hause gingen, mussten wir ihn dort lassen. Als er endlich nach Hause durfte, wussten wir nicht, dass es noch schlimmer werden würde, denn wir mussten mit ihm zum Vojtaturnen, das ist eine physiotherapeutische Behandlungsmethode. Daran war das Schlimmste, dass man ihn quälen musste, denn Mama oder Papa mussten Lars dabei verrenken und auf den Tisch drücken. Natürlich schrie er wie am Spieß und ich musste mir dabei die Ohren zuhalten, so weh tat es mir. Immer war irgendwas.

Lars bekam Nacht-Hand-Schienen, die wir ihm anziehen mussten, bevor er ins Bett ging. Als er ein halbes Jahr alt war, wurde er wegen der spitzen Stirn operiert. Natürlich hatten wir alle Angst um ihn, doch es lief alles wie geplant. Die Operation dauerte acht Stunden und als er aufwachte, konnte er die Augen nicht aufmachen, weil der ganze Kopf angeschwollen war. Ein Tag später waren mein Bruder Maik (heute 13) und ich zu Besuch, als ich Lars sah, sagte ich: „Mein kleiner Boxweltmeister!“. Alle lachten. Denn er sah wirklich so aus wie nach einem Hardcore-Boxkampf. Als es ihm besser ging, lernte er krabbeln und krabbelte mit mir und Bruder Maik um die Wette.

Lars versuchte ein paar Monate später zu reden, doch das Einzige, was er rausbekam, war „äähhh“ und „mhhh“, mehr nicht. Lars war und ist ein kleiner Charmeur, der die Omis immer rumkriegt. Doch mit ihm einen Spaziergang zu machen ist sehr anstrengend, denn er erkennt Gefahren nicht. Der Tag fängt bei Lars immer gut an, denn wenn man ihn aus dem Bett holt, dann steht da ein kleiner Zwerg, der dich anlacht und „Duden Mogen!“ förmlich brüllt.

Lars ist unser Sunnyboy, er lacht den ganzen Tag und hält alle auf Trab, außer er wird müde. Er macht Fortschritte und er kann auch schon teilweise ganze Sätze bilden, das hat er alles im Behindertenkindergarten in Köngen gelernt. Lars ist eben langsamer als normale Kinder, doch dafür ist er in anderen Sachen ein sehr sozialer Mensch! Wir sind alle stolz auf Lars und lieben ihn ganz arg. Auch wenn mit ihm alles ein bisschen anders ist, für mich ist es so normal.

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