Leserbriefe

Gedanken zum Wörth: Ich habe noch Visionen

Klaus Nägele, Nürtingen. Zum Artikel „Forum Wörth fordert mehr Transparenz“ vom 21. Januar. Freitagabend – Entspannung. Die Bilder der Woche erscheinen auf meiner Seelenlandschaft. Ein Bild: der Mittwochabend. Ich sitze in der Stadthalle. Ich bin zu spät. Die ersten 45 Minuten sind schon gelaufen. Mittwochabend ist ungünstig. Der Saal ist zu einem Drittel gefüllt. Gemeinderäte stehen an Stehtischen. Sätze wie „kann ich mir vorstellen“ oder „das geht so gar nicht“ oder einfach nur Zahlen. Was war die Idee des Abends? Mit dem Bürger in einen Dialog treten. Ich sehe mich dasitzen, und bin dann doch peinlich berührt. Dann die Ankündigung: nach der Pause dürfen Fragen gestellt werden. Aus dem Publikum werden Themen angerissen. Immer wieder der gleiche Ablauf. Thema – Frage – zum Teil hilflos, zum Teil konkret. Bebauung ja, Bebauung nein. Park ja, Park nein. Nach den Fragen die Antworten. Aber es kommen keine Antworten. Jeder weicht aus oder lässt neue Zahlen vom Himmel fallen. Frage: Gibt es eine Wohnraumbedarfserhebung? Antwort: kein Ja oder Nein, sondern „Ich habe auch schon eine Wohnung gesucht“ oder „schlägt man die Zeitung auf“. In meiner Erinnerung nur peinlich.

Frage Hochwasser – Antwort: 100 Meter Hochwasserschutz für 250 000 Euro. Für mich nicht nachvollziehbar, keine Antwort auf die Frage. Frage: Stadtbild? Antwort gereizt: „Ich trage die Verantwortung.“ Ich sitze da und suche eine Erklärung. Sie nennen es Politik. Auf Fragen nicht zu antworten. Bis hin zu Rechtfertigungen und der Angst vor Gesichtsverlust. Letzter Hoffnungsschimmer, der Moderator. Aber der ist mit der Reihenfolge der Fragen ausgelastet. Kein Nachhaken, kein Einspruch, kein Hinweis auf die Beantwortung der Fragen. Endlich, letzte Fragerunde. Wieder der gleiche Ablauf. Bürger formulieren Fragen und bekommen keine Antwort. Das Schlussstatement des Landtagskandidaten. Jetzt erst der richtige Schluss durch den Moderator. Freundliche Worte: Danke an alle, runder Tisch, Dialog. Die Bilder hinterlassen eine peinliche Ahnung.

Zu Hause die Frage: Bist du bald so weit? Wir wollten zum Forum Wörth. Wie jeden Freitag die letzten drei Monate. Kommentar der Kinder: „Geht ihr wieder die Welt retten?“ Aber das Gefühl bleibt. Resignation, Traurigkeit, Ohnmacht – sie nennen es Politik. Was ich mir wünsche, ist doch nur ein Planungsstopp und die Chance, noch mal in Ruhe nachzudenken. Mit allen Zahlen und Ideen auf dem Tisch. Und mit vielen am Tisch. Die Hoffnung ist klein. Immer wieder die gleiche Worthülse „Runder Tisch“. Zwischen Sagen, Verstehen und Machen liegen Welten. Der Rest Hoffnung trägt mich. Freitagabend das Forum Wörth. „Geht ihr wieder die Welt retten?“ Nein, nicht die Welt, aber den kleinen Teil der Welt, der uns angeht. Aus einem Gefühl heraus. Ich muss nicht lügen. Ich muss nicht keine Antworten geben und ich hab noch Visionen.

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