Nürtingen

Licht der Hoffnung: Verein aus Nürtingen möchte Lebensqualität in der Behindertenwerkstatt erhöhen

Licht der Hoffnung: Der Nürtinger Verein Lebensqualität unterstützt die behinderten Menschen, die in den Werkstätten der Karl-Schubert-Gemeinschaft arbeiten. Dort soll nun ein altes Transportfahrzeug durch einen Elektro-Bus ersetzt werden.

Zwei Elektro-Busse hat die Karl-Schubert-Gemeinschaft bereits erfolgreich im Einsatz.
Sie hoffen auf viele Spenden, damit der hinter ihnen stehende alte Diesel-Bus durch einen neuen Elektro-Bus ersetzt werden kann: ein Teil der Mitarbeiter der Karl-Schubert-Gemeinschaft mit Geschäftsführer Tobias Braun (links) sowie Monika Foag (Dritte von rechts) vom Nürtinger Verein Lebensqualität. Fotos: Selle

NÜRTINGEN/FILDERSTADT. In den großen Gebäuden der Karl-Schubert-Gemeinschaft (KSG) im Industriegebiet in Bonlanden wird fleißig und produktiv geschafft. Dort gibt es eine Schreinerei, eine Nudelmanufaktur, eine Kerzenmanufaktur, eine Weberei, eine Papierwerkstatt, eine Bäckerei, die das selbst gemachte Brot auch ausliefert, sowie eine Industriemontage und eine Metallwerkstatt, die spezielle Aufträge von Betrieben annehmen und ausführen. In Handarbeit hergestellt werden aber auch Musikinstrumente, Schulhefte, Schals, Vorhänge und Teppiche bis vier Meter Breite am Webstuhl. Einige der Produkte werden im eigenen Laden direkt vor Ort in Bonlanden verkauft. Zudem gibt es in Grötzingen eine Gemüsegärtnerei und eine Töpferei mit Lädle sowie ein Gartenpflege-Team. Weitere Aufgabenbereiche sind die Reinigung in der Musikschule und die Friedhofspflege. 280 Menschen mit Behinderung finden in den Werkstätten eine sinnvolle Beschäftigung. „Die Mitarbeitenden kommen unter anderem aus Nürtingen, aber auch aus den Landkreisen Ludwigsburg, Tübingen, Reutlingen, Böblingen und Waiblingen sowie aus Leonberg“, sagt Tobias Braun, Geschäftsführer der Karl-Schubert-Gemeinschaft.

Um die Behinderten zur Arbeit zu bringen, ist ein großer Fuhrpark nötig

Die KSG betreibt aber auch mehrere Wohnheime, in denen 110 Menschen mit Behinderung in 14 Wohngruppen rund um die Uhr betreut werden, weil sie nicht alleine leben können, sowie Wohnungen für 42 weitere Menschen mit Handicap, die ab und zu von Fachkräften besucht werden, die ihre Unterstützung anbieten. Damit die Behinderten täglich an ihren Arbeitsplatz und abends wieder nach Hause kommen, benötigt die KSG einen großen Fuhrpark. „Viele können nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Werkstatt kommen, weil sie orientierungslos sind“, erklärt Braun. Insgesamt zählen 35 Fahrzeuge zum KSG-Fuhrpark – zum Ausliefern der produzierten Waren, für die Fahrten zur Arbeit, für Fahrten zum Arzt oder zur Therapie, zum Liefern des in Bonlanden gekochten Essens in die KSG-Außenstellen, für Berufsausbildungs-Außentermine und für Ausflüge – an den Bodensee oder einfach mal ins Kino, zum Bowling spielen oder zum Einkaufen. „Fünf der Fahrzeuge sind über zwölf Jahre alt und über 150 000 Kilometer gelaufen. Die müssen nach und nach ausgetauscht werden. Zudem müssen wir für die alten Dieselbusse für Fahrten nach Stuttgart immer eine Sondergenehmigung beantragen und die Reparaturkosten gehen auch deutlich nach oben.“

Und da kommt der Verein Lebensqualität mit Sitz in Nürtingen ins Spiel. Der Verein wurde 2005 von Eltern und Angehörigen behinderter Menschen gegründet mit dem Ziel, finanzielle Vorsorge zu treffen, um den betreuten Menschen den lebenslangen Verbleib in der gewohnten Umgebung zu ermöglichen oder anders formuliert, den betreuten Menschen, die in der Karl-Schubert-Gemeinschaft in Filderstadt und Aichtal arbeiten und leben, die Lebensqualität dauerhaft zu erhalten. Daher hat der Nürtinger Verein Lebensqualität einen Antrag zur finanziellen Hilfe durch die Aktion „Licht der Hoffnung“ gestellt. „Wir möchten die Karl-Schubert-Gemeinschaft bei der Anschaffung eines E-Busses unterstützen“, erklärt Vereinsmitglied Monika Foag, deren Tochter ebenfalls in Bonlanden arbeitet. „Unser Verein sammelt Geld, um behinderte Menschen, die keine Angehörigen mehr haben oder über wenig Mittel verfügen, zu unterstützen.“ Auch Fachkräfte, Therapien und Luftreiniger für die Werkstatt habe der 130 Mitglieder starke Förderverein aus Nürtingen mit finanziert.

Nürtinger Verein finanziert Fachkräfte, Therapien und Luftreiniger mit

Bedingt durch die Corona-Pandemie habe die Karl-Schubert-Gemeinschaft starke finanzielle Einbußen erlitten sowie hohe zusätzliche Kosten durch die geforderten Hygienemaßnahmen. „Corona hat bei uns ein großes Loch gerissen“, erklärt Tobias Braun. „Wir mussten die Werkstatt mehrmals schließen und konnten nicht mehr produzieren. Zudem mussten wir bis jetzt 100 000 Schnelltests durchführen und bekommen nur einen Teil refinanziert.“

Die betreuten Menschen konnten coronabedingt aber auch monatelang nur sehr reduziert am Leben teilnehmen, was für Menschen mit Behinderung eine besonders große Belastung ist. „Die Lebensqualität hat extrem gelitten“, sagt Monika Foag. „Deshalb sehen wir es als einen wichtigen Schritt in die Normalität an, wenn auch wieder Ausflüge unternommen werden können.“

Auch im Sinne der Nachhaltigkeit sollten Elektrobusse angeschafft und die alten Dieselbusse Zug um Zug ersetzt werden, findet Monika Foag. Rund 50 000 Euro kostet ein neuer Elektro-Bus Opel Vivaro, der etwa elf Monate Lieferzeit hat. Durch ein Förderprogramm des Bundes gibt es laut Braun einen Zuschuss von rund 10 000 Euro. Nach Abzug der beim Flottenaustauschprogramm beantragten Fördermittel, BAFA-Zuschüssen und Rabatten bleiben pro Bus aber noch 30 000 Euro, die die KSG selbst aufbringen muss. Dabei will der Verein Lebensqualität helfen und braucht dafür seinerseits Hilfe durch „Licht der Hoffnung“.

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