Nürtingen

Licht der Hoffnung: Der Nürtinger Hermann Eberbach berichtet von seinem Projekt in Kenia

Licht der Hoffnung: Der Nürtinger Hermann Eberbach ist vor mehr als fünf Jahren nach Kenia gezogen, um in der Nähe der Slums von Nairobi eine Berufsschule und ein neues Mietshaus aufzubauen. Seine Projektzeit endet im Dezember. Der 59-Jährige hat aber noch viel vor.

Hermann Eberbach gibt in Nairobi Theorieunterricht im Klassenraum im ausgebauten Container. Fotos: pm

NÜRTINGEN/NAIROBI. Seit mehr als fünf Jahren ist der aus Nürtingen stammende Hermann Eberbach als Entwicklungshelfer in Nairobi in Kenia tätig. Dort hat er zusammen mit einheimischen Mitarbeitern und mithilfe von Spendengeldern aus Deutschland ein Mietshaus und eine kleine Berufsschule gebaut. Ein wesentlicher finanzieller Betrag zur Verwirklichung des Baus kam durch die Weihnachtsaktion „Licht der Hoffnung“ der Nürtinger und Wendlinger Zeitung in der Saison 2019/20 zusammen. Inzwischen finanzieren die Mieteinnahmen die Schule. Die meisten Schüler kommen aus den Slums.

„Es ist zwischenzeitlich viel passiert“, schreibt Hermann Eberbach in einer Mail aus Kenia, wo er seit November 2017 lebt, ausgesandt von der Organisation Coworkers zur Kirche Tumaini Ministries. Die Kirche ist in neun Slums von Nairobi vertreten. „Meine Aufgabe ist es, jungen Männern Kenntnisse zu vermitteln, die helfen, dass sie verantwortungsvoll ihr Leben in den schwierigen Verhältnissen gestalten. Die Männer haben oft keine Chance auf eine gute Ausbildung, da sie nicht über die finanziellen Möglichkeiten verfügen.“ Daher eröffnete Eberbach im September 2022 vor Ort die Berufsschule für Elektroinstallation.

„Seit Januar 2023 ist die zweite Gruppe von Berufsschülern in unseren Räumlichkeiten. Die erste Klasse befindet sich in der zweimonatigen Praxisphase“, erklärt Eberbach. Beim Elektroinstallateur findet die Ausbildung in drei je viermonatigen Abschnitten an der Berufsschule statt. Nach diesen Zeiten an der Schule folgt die Praxiszeit. Anschließend kann eine staatliche Prüfung abgelegt werden. Die erste Einheit umfasst die Elektroinstallation in Wohnhäusern und Reparatur von Kleinelektrogeräten. Die zweite und dritte Einheit beinhalten dann Internet, Überwachungskameras, Alarmanlagen und industrielle Elektroinstallation mit Starkstrom. „In unserer Berufsschule beschränken wir uns im Moment nur auf die erste Einheit.“

Alle neun Wohnungen des Hauses sind inzwischen vermietet

Im Januar wurde eine kenianische Berufsschullehrerin eingestellt. „Wir müssen ihr aber noch viel beibringen, um die von uns erwarteten Standards einzuhalten.“ Zudem ist seit fast zwei Jahren der Elektrotechniker Benjamin in der Berufsschule tätig. Er ist Experte in Sachen Fotovoltaik.

„Zurzeit versuchen wir, unsere Lernmittel auch anderen Schulen in Kenia anzubieten. Das wäre großartig für unsere Schule und für die Erhöhung der Vielfalt bezüglich Methodik in den hiesigen Berufsschulen.“ Denn bei verschiedenen Besuchen habe er feststellen müssen, dass die Ausstattung der anderen Berufsschulen schlecht ist. „Wen wundert es, dass es wenig gute Fachkräfte gibt, wenn es schon an Ausbildung und Werkzeug mangelt?“, fragt der 59-jährige Nürtinger.

Eberbach erzählt: „Vor einigen Tagen meldete einer unserer Mieter, dass die Sicherung ausgelöst hatte. Unser Schüler Victor wurde beauftragt, nach dem Fehler zu suchen und das Problem zu lösen. Nach wenigen Minuten war alles wieder in Ordnung. In einer Verteilerdose war eine Kabelverbindung nicht ordentlich ausgeführt. Nochmals abisolieren, Länge anpassen und festschrauben. Wir waren mächtig stolz auf die erfolgreiche Reparatur.“ Auf dem Stundenplan der Schule stehen aber auch Lebenstipps zu Drogenmissbrauch, Umgang mit Geld, Beziehungen und mehr Themen, die die jungen Männer beschäftigen.

Alle neun Wohnungen des Mietshauses sind inzwischen vermietet. Die Mieter sind dankbar für die gute Qualität und den hohen Standard. Mit den Mieten wird die Berufsschule finanziert. Es ist noch einiges fertigzustellen, weshalb ein paar der Schüler am Nachmittag mitarbeiten, um damit ihre Schulgebühr bezahlen zu können. „Dies wird jedoch langfristig nicht möglich sein.“ Daher werden gerade Ideen gesammelt, um die Berufsschule unabhängig von Spenden aus Deutschland zu machen.

Der Innenhof des in Nairobi neu gebauten Mietshauses

Die Berufsschule soll unabhängig von deutschen Spenden gemacht werden

„Eine Möglichkeit wäre, Produkte oder Dienstleistungen anzubieten, um Einnahmen für die Schule zu sichern. Eine andere Möglichkeit wäre, weitere Wohnungen einzurichten, um dann mit den höheren Mieteinnahmen unsere finanzschwachen Schüler zu unterstützen“, so Eberbach. „Aufgrund einiger Spendenzusagen haben wir den Mut gefasst, dieses Jahr zwei weitere Stockwerke mit insgesamt sechs zusätzlichen Wohnungen zu bauen. Noch reichen die angekündigten Gelder nicht. Wir sind dennoch zuversichtlich, dass wir dieses Jahr den Bau abschließen können.“

Geplant ist ferner, in den Slums von Nairobi mit den Kirchen von Tumaini Ministries Aktivitäten mit den Schülern durchzuführen, die während Corona nicht möglich waren. So soll es wieder Boysdays, Workshops, Business-Seminare, Life-Skill-Trainings und auch Freizeiten geben.

„Ich bin sehr glücklich, hier sein zu können und mit meinen Begabungen und Kontakten die Arbeit zu begleiten“, schreibt Hermann Eberbach. Er schwärmt von der „sehr vielfältigen Natur und Tierwelt“. Während eines Besuches in einem Nationalpark habe er 16 Löwen aus kurzer Distanz an einer Wasserstelle beobachtet.

Befremdlich sei für ihn indes neben der großen Spanne zwischen Armut und Reichtum auch die Spanne der Technik. „Kenia gewinnt 90 Prozent seiner Energie aus erneuerbaren Quellen wie Erdwärme und Wasserkraft. Kenia baut einen Technologiepark für Ökologie – Silicon Savannah. Auf der anderen Seite ist eine zuverlässige Strom- und Wasserversorgung fast überall im Land nicht sichergestellt. Hat man große Wassertanks auf dem Dach, kann man von Glück reden. Damit hat man dann zumindest für ein paar Tage Vorrat, falls die Straßenleitungen kein Wasser liefern.“

Für Stromausfälle gebe es hingegen kein „Backup“ – und die können mitunter auch schon mal vier Tage andauern. In einem Restaurant hat er daher seinen Laptop und sein Telefon geladen. „Die Infrastruktur hat hohes Verbesserungspotenzial.“

Hermann Eberbachs Zeit in dem Projekt in Nairobi endet im Dezember 2023. „Coworkers hat meinen Vertrag auf insgesamt sechs Jahre verlängert.“ Aus seiner Sicht hat aber auch die Berufsschule noch Entwicklungspotenzial. „Es ist möglich, auf die bestehenden Container weitere Container zu stapeln, um die Anzahl der Klassenräume zu erhöhen. Damit könnten weitere Kurse im Elektrobereich oder andere Berufsschulklassen für Schneiderei, Schreinerei oder Metallbau gestartet werden.“ pm

Wer das Bauvorhaben noch einmal unterstützen möchte, kann an Coworkers unter dem Stichwort „Eberbach, Kenia, Bauprojekt“ spenden unter der Bankverbindung Christliche Fachkräfte International, Evangelische Bank, IBAN DE13 5206 0410 0000 4159 01, BIC GENODEF1EK1.

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