Leserbriefe

Werden die Bäume krank geredet?

Rolf Priesmann, Nürtingen. Zum Artikel „Baumführung am Schillerplatz“ vom 27. September. Der Schillerplatz soll neu gestaltet werden. Dabei stehen Bäume vor der Kreuzkirche im Weg. Sie verstellen die Sicht. Da trifft es sich gut, dass man jetzt seitens der Stadt festgestellt haben will, dass diese Bäume krank sind. Geschätzte Noch-Lebenszeit: zwischen fünf und 20 Jahren. Akut krank ist wohl etwas anderes. Sind die Bäume vor der Kreuzkirche also wirklich krank? Ab welcher Lebenserwartung darf ein Baum dann stehen bleiben? Fünf, 20, 50 Jahre? Und wer entscheidet das? Ein Planer, dessen Überlegungen hier etwas im Weg steht?

Fest steht allerdings nur eins: Bäume brauchen Wasser, wie alle anderen Pflanzen auch. Bekommen sie das nicht, werden sie krank und gehen ein. Auch Menschen agieren und reagieren ähnlich. Der diesjährige Sommer war extrem heiß und trocken. Der Flüssigkeitsbedarf bei Natur und Mensch war entsprechend hoch. Während der Mensch in der Regel für sich selbst sorgen kann und das auch tut, ist der Baum auf ausreichende Bewässerung angewiesen. Das ist die Aufgabe der Stadt – vorausgesetzt sie hat Interesse daran, dass ihre Bäume gesund bleiben.

Auch müssen Bäume gepflegt, das heißt fachmännisch zurückgeschnitten werden, damit sie gedeihen können. Auch das wäre die Aufgabe der Stadt – vorausgesetzt, die Bäume stünden nicht Platzneugestaltungsüberlegungen im Weg. Vernachlässigung – unabsichtlich oder mit Absicht – macht früher oder später krank. Das gilt für Bäume wie für Menschen. Es dauert dann Jahre, das zu korrigieren, wenn es überhaupt möglich ist.

Noch viel länger dauert es aber, bis ein neu gepflanzter Baum die Größe der Bäume vor der Kreuzkirche erreicht hat. Und in einem heißen Sommer den Menschen Schatten spenden kann. Das alles sollten sich die Befürworter einer Abholzung der Bäume vor der Kreuzkirche vor Augen führen. Im Übrigen böte eine Neugestaltung des Schillerplatzes sogar die Chance, auch ein Bewässerungssystem für die dort stehenden Bäume zu installieren und so diese noch viele Jahre zu erhalten. Damit Nürtingen eine innerstädtische Stein- und Betonwüste wie etwa in Esslingen erspart bleibt.

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