Leserbriefe

Wasen: Dem Druck nicht nachgeben

Paul Michael Kaufmann, NT-Oberensingen. Zum Artikel „OB legt sich für die Wasen-Pläne ins Zeug“ vom 28. November. Psychiatriegebäude in Wohnungen umbauen, Bäume retten, Landesgartenschau eine Chance geben. Nach Jahresende 2015, als im Gemeinderat die Grundsatzabstimmung zur Bebauung anstand, stand die Gartenschau noch nicht auf der Agenda. Inzwischen gibt es Prioritäten, die vor vier Jahren noch nicht einmal als Begriff existierten. Beispiel: Klimanotstand. Ein entscheidender umweltökologischer Sinneswandel hat die Menschheit ergriffen. Der Umgang mit den Ressourcen und mit der Natur ist ins Bewusstsein getreten. Der Weg zurück wäre ein Frevel.

Dass Landkreis und Stadt bei der Veräußerung des Psychiatriegeländes damals nicht zueinanderfanden, dass der Verkauf des Psychiatrieareals ein Junktim mit dem Ausbau der Nürtinger Klinik bildete, ist aus heutiger Sicht korrigierbar.

Seien wir doch froh, dass die Hochwasserproblematik schlimme städtebauliche Fehlentwicklungen beidseits des Neckars bisher verhindert hat. Das Argument, Nürtingen stünde in dem Ruf, nichts auf die Reihe zu kriegen ist sekundär, weil nur dem Moment geschuldet und deshalb von geringem Stellenwert. Eine ungleich größere, generationenübergreifende historische Leistung der Stadtoberen wäre es, nicht dem Druck der Stunde nachzugeben, sondern etwas zu verhindern, das aufgrund zwischenzeitlich besserer umweltrelevanter Erkenntnisse kein Augenmaß erkennen lässt.

Mit minimalem planerischem Aufwand kann zeitnah geprüft werden, wie viele Wohnungen gewünschter Größe in den vor ihrer Umnutzung als Psychiatriegebäude sanierten (!) Gebäude Platz fänden. Sicherlich wären es weniger als im ausgereizten Bebauungsplan, aber mit entscheidendem ökologischem Mehrwert und einer sich eröffnenden Chance für die Landesgartenschau.

Nürtingen hat doch im Güterbahnhofsareal Entwicklungsflächen, wo sich Bauträger und Wohnungssuchende austoben können. Die wichtigste städtebauliche Eingangspforte zur Innenstadt aber sollte von Bebauungen freigehalten werden mit Ausnahme von Straße und den Fluss überspannenden, den Galgenberg anbindenden Fußgängerbücken.

Warum gibt man dem Vorschlag nicht eine Chance, anstatt die vorhandene Bausubstanz schlechtzureden, sie in Wohnungen umzubauen, und damit den Baumbestand insgesamt zu erhalten? Mit gutem Willen von Landkreis und Stadt müsste sich eine Lösung finden lassen, da die bisherige Planung nicht mehr in unsere sich schnell wandelnde Zeit passt. Muss denn immer Maximalnutzung und Maximalprofit der Maßstab sein?

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