Leserbriefe

Warum geht es in anderen Ländern?

Bärbel Hausmann, Wendlingen. Zum Artikel „Böse Mächte“ vom 21. April. Im Tagesthema berichtet Rainer Wehaus über einen Nachbarjungen, der trotz widriger Familienverhältnisse eine Empfehlung fürs Gymnasium bekommt, es aber dort natürlich nicht schafft. Solche Kinder gehören eben nicht aufs Gymnasium. Sie würden nur das Niveau verderben für die Akademikerkinder, die natürlich aufs Gymnasium gehören. Die Schulen sind schlicht damit überfordert, Unterschichtkinder zum Abitur zu führen. Warum, frage ich mich hier, ist das in anderen Ländern anders? Nach allen einschlägigen Untersuchungen ist Deutschland extrem schlecht darin, Kinder aus benachteiligten Familien zu einem guten Schulabschluss zu bringen. Liegt es auch an Leuten wie Rainer Wehaus, die es einfach normal finden, dass solche Kinder eben nicht aufs Gymnasium gehören? Der oben genannte Nachbarjunge muss schon sehr begabt und wissbegierig sein, wenn er trotz seiner Familiensituation eine Gymnasialempfehlung bekommen hat. Ist Deutschland so reich an Ressourcen, dass man eine solche Begabung einfach verschwenden darf? Ist es nicht längst an der Zeit, unsere Schulen so umzuorganisieren, dass jedes Kind mit allen seinen Fähigkeiten gefördert wird? Wer in diesem Zusammenhang dann von Gleichmacherei auf niedrigerem Niveau spricht, hat sich einfach noch nicht ausreichend darüber informiert, welche Fördermöglichkeiten es gäbe, wenn man sie nur wirklich wollte. Damit ich nicht falsch verstanden werde: ich bin nicht der Ansicht, dass der Mensch erst mit dem Abitur ein wertvoller Bürger wird. Aber das Land lebt von den Fähigkeiten seiner Menschen und ist darauf angewiesen, dass jeder junge Mensch eine möglichst gute Bildung und Ausbildung bekommt.

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