Leserbriefe

Wahl entscheidet auch über die Energiewende

Otmar Braune, NT-Oberensingen. Eines der wichtigsten Themen für die Zukunft Deutschlands spielt im Wahlkampf so gut wie keine Rolle: die Energiewende. Dabei tritt sie in eine entscheidende Phase ein. Angetrieben durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist die Stromerzeugung aus Wind, Sonnenenergie und Biomasse, Wasserkraft und Geothermie schneller vorangekommen, als selbst Optimisten es erwartet hatten. Die Erneuerbaren sichern heute schon rund 25 Prozent der Stromversorgung, viermal so viel wie noch vor gut zehn Jahren. Trotz oder gerade wegen dieses Erfolgs steht die Energiewende derzeit unter dem Dauerbeschuss von Politikern des Regierungslagers, insbesondere der FDP. Weshalb? Die traditionelle Stromwirtschaft verliert mit hoher Geschwindigkeit Marktanteile an mittlerweile 1,4 Millionen zumeist kleine Erneuerbare-Energien-Kraftwerke, die Privatleuten und Landwirten gehören. An sonnigen und windigen Tagen kommt bereits ein Drittel, an Wochenenden sogar die Hälfte des Stroms von Fotovoltaik- und Windkraftanlagen.

Die Stromkonzerne haben die Energiewende verschlafen und verunsichern jetzt zusammen mit ihren Helfern in der Regierung die Bevölkerung mit nachweislich falschen Zahlen über die Kosten der Energiewende. Es ist falsch, die steigenden Strompreise für Verbraucher mit den Kosten der Energiewende gleichzusetzen. Im Gegenteil: Die vorrangige Einspeisung von Strom aus Sonne und Wind haben den Handelspreis an der Leipziger Strombörse dramatisch abgesenkt. Doch davon profitieren nur diejenigen, die Strom direkt an der Börse einkaufen, an die Verbraucher wird diese Preissenkung nicht weitergegeben. Wir Bürger müssen für Strom dagegen immer mehr bezahlen. Weshalb? Einmal durch den paradoxen Effekt, dass die EEG-Umlage umso mehr steigt, je stärker der Preis für Strom an der Börse fällt. Zum anderen durch die vielen ungerechtfertigten Ausnahmen bei der EEG-Umlage für große Stromverbraucher, für welche die Verbraucher und kleine Unternehmen dann aufkommen müssen.

Doch der Erfolg und die Akzeptanz der Energiewende hängen maßgeblich von der fairen Verteilung von Kosten und Nutzen auf Wirtschaft und Privathaushalte ab. Vor allem aber hat die Regierung Merkel es versäumt, der Energiewende einen verlässlichen rechtlichen Rahmen zu geben, damit Unternehmen und Bürger wissen, welche Investitionen sich langfristig lohnen. Diese Unsicherheit belastet große Teile der deutschen Wirtschaft, in Nürtingen vor allem unsere Stadtwerke. Die Energiewende bietet ungeheure Chancen für Deutschland und kann Vorbild für die Welt sein. Eine neue Koalition hat es in der Hand, mit einem verlässlichen Rahmen die Energiewende zum Erfolg zu führen. Am Sonntag haben wir die Wahl.

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