Leserbriefe

Turbulenzen an Donez und Dnjepr

Emil Neuscheler, Neckartailfingen. Zum Artikel „Putin triumphiert auf der Krim“ vom 20. März. Die geplanten Sanktionen gegen Moskau sind so sinn- und wirkungslos, dass sogar die Wölfe in der Taiga darüber lachen müssen. Russland ist so groß, mächtig und reich, Nadelstiche des Westens können ihm nichts anhaben. Im Gegenteil, wir schneiden uns ins eigene Fleisch. Wirtschaftsverbände warnen uns vor einem Verlust von 200 000 Arbeitsplätzen und die auf Export angewiesene BRD hat mit einem Minus von vierzig Milliarden zu rechnen. Schon in meiner Jugendzeit war man in der ehemaligen Kreisstadt am Neckar froh, wenn Aufträge aus Russland die Arbeit bei den ansässigen Industriebetrieben sicherten. Noch ist die Eurokrise nicht überwunden, in Griechenland streiken die Beamten gegen den harten Sparkurs der Regierung, aber schon erwägt man neue abenteuerliche Transaktionen mit der Ukraine. Diesem Land wurden von der EU Hoffnungen gemacht, die das krisengeschüttelte Land gern einlösen würde. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus.

Brüssel kann sich die Modernisierung des Landes im Galopptempo gar nicht leisten, weder organisatorisch, finanziell noch politisch. Gerade politisch sind eklatante Versäumnisse aufgelaufen. Man hat wenig Fingerspitzengefühl gezeigt und russische Interessen ignoriert, obwohl diese Region lange Zeit geschichtsträchtiges Territorium, die Kornkammer Russlands, war. Deshalb ist das Bestreben Putins, dieses Gebiet wieder der Russischen Föderation einzugliedern, aus östlicher Sicht verständlich.

Die Kritik Europas daran liegt abseits jeglicher Vernunft. Strategisch gesehen kann sich Moskau die weitere Einkreisung nicht länger gefallen lassen. Die momentane Lage muss jedem Militär Unruhe bereiten. Das Land wird von der Nato in die Zange genommen, durch die baltischen Staaten im Norden und Rumänien im Süden. Ein weiteres Vordringen über die Ukraine würde das Herz Russlands treffen und die jetzigen Kremlherren in tiefen Misskredit bei ihrem Volk bringen. Große Unsicherheiten liegen in den Gruppierungen der Völker in Sprachen- und Religionszugehörigkeit. Es ist hochexplosives Gemisch. Der Westen muss sich auch klar darüber werden, mit wem er in Kiew verhandeln soll. Gewählt sind die jetzigen Machthaber nicht und haben daher auch keine Legitimation. Wichtig für alle Westeuropäer aber ist der Friede, wichtiger als die Assoziation der Ukraine.

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