Leserbriefe

Trump’sche Verhältnisse

Hans-Ulrich Funkenweh, Neuffen. Zum Artikel „OB Fridrich rügt Mieterbund“ vom 20. November. Präsident Trump twittert mit abenteuerlicher Schlagzahl. In Nürtingen meint OB Dr. Fridrich Herrn Casper (Vorsitzender des Mieterbundes) mit einem offenen Brief via Facebook in die Parade fahren zu müssen. Dabei hat er offensichtlich „vergessen“, den Brief auch an den eigentlichen Adressaten zu senden. Es soll noch Menschen geben, die nicht jeden Tag in Facebook und Co, den (un-)sozialen Netzwerken, nachschauen ob der OB von Nürtingen einen „offenen Brief“ hinterlassen hat.

Sei’s drum. Fakt ist, dass in der Schafstraße Menschen in zwei Häusern leben mussten, die den Begriff „menschenwürdiges Wohnen“ nicht verdienen. Wenn es in der Nachbarschaft der Häuser ein „offenes Geheimnis“ war, was im Innern abging, so klingt es für mich befremdlich, wenn die Stadtverwaltung davon nichts gewusst haben will. Sich auf mangelnde gesetzliche Grundlagen zu berufen, ist ziemlich mager für die offensichtliche Untätigkeit der Nürtinger Verwaltung. Jeder Bauer muss nach dem Tierschutzgesetz darauf achten, dass seine Tiere einen Mindestraum im Stall zur Verfügung haben. Für Menschen soll das nicht gelten? Hier muss ganz dringend nachgebessert werden.

Zudem ist es keiner Stadtverwaltung verboten, aus eigener Initiative tätig zu werden. Wie dem Bericht zu entnehmen ist, gibt es weitere ähnliche Wohnsituationen in Nürtingen. Diesen Missständen nachzugehen, sollte Aufgabe der Stadt sein. Offensichtlich haben manche Menschen vergessen, was im Grundgesetz Artikel 14, 2 steht. Dort heißt es: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Dies sei all jenen ins Stammbuch geschrieben, die sofort eine „Beschränkung des Eigentums“ an die Wand malen (MdB Hennrich und Thaddäus Kunzmann – beide CDU), wenn der Staat an Eingriffe denkt.

Die zitierte Professor Dr. Birner, Landtagskandidatin der SPD, fordert völlig zu Recht ein Wohnraumaufsichtsgesetz, wie es andere – auch CDU-geführte – Bundesländer schon längst haben. Bei uns fehlen entsprechende Regelungen immer noch. Muss erst wieder ein Unglück passieren, bevor die Stadt ihrer Verantwortung nachkommt? Wenn schon nicht der gesetzlichen, dann doch der moralischen!

Wie OB Dr. Fridrich dazu kommt, dem Mieterbund zu unterstellen, er werfe der Stadt „fahrlässige Tötung“ vor, ist weit hergeholt. Ihm subtil gar mit strafrechtlichen Konsequenzen zu drohen geht gar nicht. So dünnhäutig erlebt man den OB selten. Der Kommentar von NZ-Redakteur Klemke spricht mir dagegen aus der Seele. Kompliment!

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