Leserbriefe

Stuttgart 21 – ein Pyrrhussieg

Dieter Braunmüller, Nürtingen. Fünf Milliarden Baukosten für Kopf- oder Tiefbahnhof sind im Vergleich zu den finanziellen Dimensionen der Rettungsschirme für Griechenland und Italien Peanuts. Dies gilt auch für den Irrtum deutscher Bankleute, die nicht wissen, ob fünfundfünfzig Milliarden Euro auf der Soll- oder Habenseite gebucht werden müssen. Diese fatalistischen Lässigkeiten beim Umgang mit dem Geld sollte man sich in der Region jedoch nicht zu eigen machen, sondern darauf achten, dass mit den fünf Milliarden etwas Sinnvolles entsteht. Immerhin beteiligt sich auch unsere Stadt mit 1,4 Millionen an den Kosten. Es könnte jedoch auch mehr werden! Die Befürworter wollen mit dem Geld auf dem bestehenden Gleisgelände blühende Landschaften und Glaspaläste bauen und den Bahnhof konsequenterweise verbuddeln.

In ihrer Zukunftseuphorie scheren sie sich jedoch wenig um die Problematik eines funktionierenden unterirdischen Bahnsystems, in das sie täglich Hunderttausende von Bahnreisenden und Pendlern verbannen wollen. Oben hui und unten pfui! Die Problematik ist offensichtlich: Acht Gleise statt 19, An- und Abfahrtszeiten im Vier-Minuten-Takt, Bahnsteigbreiten wie auf dem Nürtinger Bahnhof, gravierende Sicherheitsmängel, Gedränge, Hektik, Stress, Verspätungen, Chaos pur! Klaustrophobie im Tunnel von Wendlingen bis Zuffenhausen. Die Vision der blühenden Landschaften oben muss teuer erkauft werden! Bis zur Fertigstellung von S 21 vergehen 15 Jahre und bis dahin blüht überhaupt nichts, sondern es entstehen überall gigantische Baustellen.

Parallel dazu besteht der Kopfbahnhof 15 Jahre weiter. Die dringend notwendigen Verbesserungen im Nahverkehr werden auf Eis gelegt. Kann man so lange noch warten? Ist bis dahin der Zug im wahrsten Sinne nicht schon abgefahren und der Verkehrskollaps eingetreten? Die euphorischen Bürgermeister, Industriebosse und Bahnleute können bei einer Verwirklichung von S 21 zwar einen rechtlich abgesicherten Sieg erringen. Es wäre jedoch ein Pyrrhussieg! Recht ist nicht immer richtig. Es führt kein Weg vorbei an einem Ja zum Ausstieg und zu einer umgehenden Modernisierung des Kopfbahnhofs.

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