Leserbriefe

Ohne realistische Preisschilder

Dorothea Röcker, Nürtingen. Zum Artikel „Gemeinderat hat die Kröte geschluckt“ vom 6. August und zum „Brief des Oberbürgermeisters an die Bürger“ vom 7. August. OB Fridrich hat sehr richtig erkannt, wie wichtig es ist, zukünftige Wettbewerbsmodelle mit realistischen Preisschildern zu versehen. Beim Hölderlinhaus wäre das von Anfang an gar nicht möglich gewesen, weil - wie sich später herausstellte - die Haus-in-Haus-Idee gar nicht realisierbar war. Die Planänderungen und die entsprechende Preissteigerung wurden vom Gemeinderat akzeptiert.

Am 4. August wurde wieder entschieden – ohne realistische Preisschilder. Diesmal war zum Beispiel schon vorher bekannt, dass der Aufzug, so wie er im Plan steht, nicht realisierbar ist. Eine realisierbare Lösung, die einen barrierefreien Zugang über die Neckarsteige gewährleistet, wurde bis jetzt nicht gefunden. Neue Preissteigerungen und Kostenrisiken sind also vorprogrammiert, und ob beim Thema Barrierefreiheit Abstriche gemacht werden müssen, ist auch nicht absehbar. Trotzdem wurde dem Planer ein Freibrief ausgestellt, das Projekt zu Ende zu führen. Die Hoffnung, dass sich der Architekt ernsthaft um Kosteneinsparungen bemühen wird, halte ich für ziemlich unrealistisch, weil er die einzige Person ist, die von Kostensteigerungen profitiert. Spätestens bei der Einweihung werden wir sehen, wie viel vom Siegerentwurf verwirklicht ist und ob das Projekt Hölderlinhaus der Aufgabenstellung der Mehrfachbeauftragung gerecht wird. Hier einige Zitate: „Die ursprüngliche Bausubstanz aus Hölderlins Zeit soll dabei so weit als möglich bewahrt werden“, „… das Haus soll primär als ,Hölderlinhaus‘ wahrnehmbar sein…“, „…Alle Geschosse müssen über einen Aufzug erschlossen werde, mit rollstuhlgeeigneten Zugängen an der Neckarsteige und an der Schlossgartenstraße…“. Unter all diesen Gesichtspunkten hält sich die Freude über den baldigen Baubeginn sehr in Grenzen.

Dass der Gemeinderat demokratisch und politisch korrekt beschlossen hat, die Kröte zu schlucken, hilft auch nicht weiter. Es wäre sicher kein Fehler gewesen, schon vor dieser Abstimmung das Vorhaben mit realistischen Preisschildern zu versehen, die Kröten rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern, dass dem Gemeinderat und den Bürgern weiterhin Kröten serviert werden.

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