Leserbriefe

OB schwingt die Keule des Dienstrechts

Bruno Bienzle, NT-Zizishausen. Zum Artikel „Ist der Eingliederungsvertrag rechtsgültig?“ vom 3. Juni. Unter dieser fürwahr irreführenden Überschrift erfahren wir von einem Vorgang innerhalb der Nürtinger Stadtverwaltung, der öffentliches Interesse verdient, weil er nach meiner Überzeugung eine Fehlentwicklung aufzeigt und überdies erneut ein bezeichnendes Licht auf die Amtsführung von Otmar Heirich wirft.

Derselbe OB, der soeben wortreich eine böse Panne in seinem unmittelbaren Umfeld schönzureden versucht hat, sanktioniert den ehrenamtlichen Ortsvorsteher von Zizishausen, weil der veranlasst hatte, dass auf der ersten Seite des Mitteilungsblatts für den Teilort auf die Karwoche eingestimmt wurde, deren Termine im Inneren des Blattes angekündigt wurden. Darüber hatte sich ein Zizishäuser Bürger beim Regierungspräsidium wegen Verstoßes gegen das Toleranzgebot beschwert, dem staatliche – also auch kommunale – Stellen unterliegen. Diese Beschwerde hatte das Regierungspräsidium mit offensichtlich spitzen Fingern und ohne eigene Bewertung ins Nürtinger Rathaus weitergereicht. Dessen Chef hatte nichts Besseres zu tun, als Ortsvorsteher Hauber einzubestellen und zu verfügen, dass „bis zu dessen Dienstende jede Titelseite vom Mitteilungsblatt von der Pressestelle der Stadt Nürtingen zur Veröffentlichung freigegeben werden“ muss. Und weiter: Künftig „dürften keine christlichen Symbole, Berichte oder Ähnliches auf der Titelseite des Zizishäuser Amtsblattes erscheinen“. Dabei ist zudem bekannt geworden, dass Hauber zuvor schon wegen eines solchen „Delikts“ von seinem Dienstherrn mit einer Abmahnung belegt worden ist.

Vielleicht äußern sich ja die Nürtinger Dekane zu diesem Auswuchs des Toleranzdenkens. Es kann nicht darum gehen, das im Grundgesetz verankerte Neutralitätsgebot des Staates zu unterlaufen. Doch sollten wir bei dessen Befolgung buchstäblich die Kirche im Dorf lassen. Sonst wird es bald Beschwerden hageln wegen öffentlichen Zeigens christlicher Symbole auf Kirchtürmen oder – wie geschehen – gegen sonntägliches Glockengeläut. Kein Bürger ist gezwungen, das – kostenpflichtige – Mitteilungsblatt zu beziehen. Das hätte der OB dem Beschwerdeführer mitteilen können.

Wie unverhältnismäßig seine Reaktion ist, wird deutlich, wenn wir uns vor Augen führen, dass dem Ortsvorsteher mutmaßlich kein Haar gekrümmt worden wäre, hätte er das von der Stabsstelle des OB in Umlauf gebrachte unsägliche Maientags-Plakat auf die Titelseite gehoben, auf dem mit offensichtlich minderjährigen Mädchen für den Bierkonsum im Festzelt geworben wird. Stattdessen zog es Heirich vor, mit zweierlei Maß zu messen und neuerlich die Keule des Dienstrechts gegen den Ortsvorsteher zu schwingen.

Zur Startseite