Leserbriefe

Mut zu Emotionen

Rita Heinecke-Mergenthaler, NT-Neckarhausen. Zu den Artikeln Wir werden am Großen Forst festhalten vom 28. Februar und Boss-Logistik-Chef informiert Gemeinderat vom 23. Februar. Eine Behauptung wird nicht dadurch wahrer, dass man sie gebetsmühlenhaft wiederholt. Diesmal im Chor mit dem Gewerbezweckverband Nürtingen. Da wird weiter behauptet, der Große Forst sei in puncto Umweltverträglichkeit als unbedenklich eingestuft worden. Und das schon Mitte der 80er-Jahre. Nun, seither haben sich nicht nur die Erkenntnisse darüber gewandelt, was umweltverträglich ist. Auch das Thema Bodenversiegelung war damals noch nicht so aktuell. Es gibt aber inzwischen einen aktuellen Umweltbericht Großer Forst I vom 20. November 2007, der vom Planungsbüro Mändle in Aichtal für die Stadt Nürtingen erstellt wurde (im Internet zugänglich). Hier heißt es zusammenfassend: Mit der Planung sind voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen verbunden. OB Heirich wünscht sich eine Versachlichung der Diskussion. Das fällt angesichts der Ausblendung von Fakten, die seinen Wünschen widersprechen, nicht leicht!

Auch im Falle der oft beschworenen 400 Arbeitsplätze, die er bei der Pressekonferenz am letzten Freitag noch als qualitativ hervorragend bezeichnete. Das liest sich in den Antworten auf den CDU-Fragenkatalog schon anders. Da geht es plötzlich um Arbeitsplätze für Geringqualifizierte. Diese wiederum werden bei besagter Pressekonferenz in Verbindung gebracht mit Entlassungen der Firma AFL Stribel in Frickenhausen. Da kann ich den Befürwortern der Bossschen Lagerhalle nur zurufen: Ja, wo leben Sie denn, meine Herren? Arbeitsplätze sind doch nicht ohne Weiteres kompatibel! Ein arbeitsloser Facharbeiter wird zu Recht niemals eine Tätigkeit als Gerinqualifizierter annehmen. Und bei der heutigen Nachfrage braucht er das auch nicht.

Apropos Arbeitsplätze. Wie viele von den genannten 400 sollen denn jetzt wirklich neu sein? Herr Schneider von der Firma Boss wollte sich bei der Pressekonferenz nicht festlegen. Vielleicht 200? Unser OB ist da offensichtlich wesentlich besser informiert als der Vertreter der Firma Boss, er spricht von 400 neuen Arbeitsplätzen. Auch das Hochregallager ist jetzt plötzlich keines mehr. Nun, irgendwann wird sich noch herausstellen, dass in dem Gebäude 400 tapfere Schneiderlein fleißig nähen. Hat die Märchenstunde schon begonnen?

Ach ja, eine Anmerkung noch zur sachlichen Diskussion. Kommunikation findet immer auf zwei Ebenen statt: der Sachebene und der emotionalen Ebene. Die eine lässt sich grundsätzlich nicht von der anderen trennen außer bei Robotern. Es gehört manchmal Mut dazu, die eigenen emotionalen Motive öffentlich zu zeigen. Dies nicht zu tun mag aber auch Kalkül haben. Und das sage ich ganz sachlich!

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