Leserbriefe

Mietendeckel und Gehälter von Richtern

Hartmut Schewe, Aichtal-Neuenhaus. Zu den Artikeln „Mietendeckel gilt nicht mehr – Nachzahlung droht“ und „Verfassungsgericht kippt den Berliner Mietendeckel“ vom 16. April. Der wegen seiner Scharfzüngigkeit, Sachkompetenz und schonungsloser Kritik an seinen Kollegen bekannte und gefürchtete Vorsitzende des OLG Braunschweig, Rudolf Wassermann, schrieb einst seinen Kollegen ins Stammbuch: „Die deutschen Richter mögen Weltmeister im Auslegen von Gesetzen sein, was im wahren Leben vor sich geht, davon haben sie keine Ahnung.“ Davon hatte ich wiederum keine Ahnung, als mein Sohn und ich es mit dem deutschen Scheidungspraxisrecht zu tun bekamen. Nach zwei Amtsgerichten und drei Oberlandesgerichts-Entscheidungen, zahllosen Jugendämtern und einem Gutachter aus Tübingen kann ich das jetzt nur bestätigen.

Ich habe mir mal die Gehaltslisten der Richter 2018 angesehen. Da beginnt es bei circa 4500 Euro/Monat und endet bei circa 10 000 Euro/Monat (Bundesrichter). Dazu kommen die Nebenverdienste (Vorträge, Veranstaltungen, Veröffentlichungen, alles brutto). Im Jahr 2018 versteuerte der Rekordhalter der Bundesrichter knapp 400 000 Euro. Da müssen wir uns keine grauen Haare wachsen lassen ob der Sorge, wie die ihre Miete bezahlen. Um deren Immobilienbesitz kümmern sich Hausverwalter. Die haben also ganz andere Sorgen.

CDU und FDP begrüßen selbstverständlich diese Entscheidung unter anderem mit dem schlauen Spruch, ein Mietendeckel schaffe nur viel Bürokratie, notwendig seien vielmehr „positive Ansätze für mehr Mietwohnungsbau“. Also noch mehr Zersiedelung mit Staatsknete – unserem Geld –, auf dass die Vermögen weiter wachsen. Dabei bietet das Grundgesetz Abhilfe: Artikel 14, 2: „Eigentum verpflichtet, sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Soll ist nicht irgendeine Floskel, sondern juristisch relevant und bedeutet, dass so zu verfahren ist, wenn nicht erhebliche Gründe dagegensprechen. In Artikel 15 wird die Vergesellschaftung näher geregelt. Wuchermieten sind definitiv die Ausnützung einer Notlage, die beseitigt werden könnte. Das Bundesverfassungsgericht ist anderer Auffassung. Die theoretisch vorhandenen Möglichkeiten wurden in der Praxis fast nie angewendet.

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