Leserbriefe

Messer sind gewetzt

Herbert Ruff, Oberboihingen. Zum Artikel Vom Wortbruch zum Schiffbruch vom 8. März. Andrea Ypsilanti sollte ihrer Kollegin Dagmar Metzger dankbar sein. Sie hat ihr nämlich eine Brücke für einen geordneten Rückzug gebaut und ihr ein mögliches noch größeres Desaster bei der Wahl am 5. April erspart. Der Gesetzgeber hat nicht ohne Grund vorgesehen, dass solche Wahlen geheim sein müssen. Eine offene Probeabstimmung innerhalb einer Fraktion zeigt selten das wahre Stimmungsbild, da sich viele Abgeordnete aus naheliegenden Gründen bedeckt halten. Politische und berufliche Aufstiege gehen kaum ohne Ellenbogen und Intrigen ab, es sei denn, man wird in ein Amt oder eine Funktion berufen. Frau Ypsilanti hat bei ihrer Wahl zur hessischen SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzenden und damit in das Zentrum der Macht starke Gegenkandidaten gehabt. Diese hat sie zuvor erst niederringen müssen. Solche Machtansprüche und die damit verbundenen Blessuren werden nicht so schnell vergessen. Das ist menschlich und deshalb ist anzunehmen, dass die Messer ihrer innerparteilichen Gegner schon gewetzt waren und noch sind, um offene Rechnungen zu begleichen. Solche Dinge geschehen, allerdings verdeckt, in geheimer Wahl.

Jeder, der sich am Spiel mit der Macht beteiligt, sollte zuvor seinen Macchiavelli sehr genau lesen, sofern er ihn überhaupt kennt. Dagmar Metzger hat meiner Ansicht nach stellvertretend für einige weitere Fraktionskollegen sehr mutig gehandelt und damit womöglich auch einen Bruch mit ihrem Landesverband in Kauf genommen. Es zählt aber Glaubhaftigkeit gegenüber seinen Wählern mehr als Lügen und zynische Manöver, auch wenn es die eigene politische Karriere kostet. Insgesamt hat Frau Metzger der SPD einen großen Dienst erwiesen, zu dem andere, einflussreichere, mächtigere Parteifreunde nicht fähig waren. Sie haben ihre Kollegin möglicherweise nur vorgeschoben, um sich hinter ihr, der eigenen Karriere wegen, verstecken zu können.

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