Leserbriefe

Menschenwürde auch beim Wohnen

Maike Pfuderer, Stuttgart. Zum Artikel „Mieterbund erhebt Vorwürfe gegen Stadt“ vom 18. November. Die Zustände in den beiden Wohngebäuden in der Schafstraße müssen verheerend gewesen sein, daran kann nun kein Zweifel bestehen. Aber war es die Schuld der Stadt Nürtingen? Hier zweifle ich doch. Die Schuld sehe ich hier eher beim Bund als Sozialgesetzgeber. Schaut man in das Sozialgesetzbuch, Zweites Buch, in dem die Leistungen für langzeiterwerbslose Menschen festgeschrieben sind (Hartz IV) oder auch in das zwölfte Buch (Sozialhilfe) so wird hier nicht von einer Wohnung, sondern einer Unterkunft gesprochen. Gerade als wäre das Menschenrecht auf Wohnen daran gekoppelt, ob man selbst für seine Wohnung aufkommen kann oder der Hilfe der Solidargemeinschaft bedarf, dann reicht eben auch eine Unterkunft. Komisch, unser Grundgesetz kennt in Artikel 13 Absatz 1 nur die Unverletzlichkeit der Wohnung.

Nun aber weg von diesen globalen Betrachtungen, zu den gesetzlichen Regelungen. Die jeweiligen Kommunen, Landkreis oder Städte und Gemeinden haben flexible Mietobergrenzen, je nach Mietspiegel und Wohnungsgrößen je nach Personen im Hausstand. Hier wäre es aus meiner Sicht unabdingbar, diesen Obergrenzen auch Untergrenzen gegenüberzustellen. Sei es bei der Größe des Zimmers oder wie viele Menschen ein Bad, Klo und Küche teilen. Wenn der Staat menschenwürdiges Wohnen als Teil der Daseinsvorsorge für seine Bürger begreift, dann muss er hier in beide Richtungen Leitplanken setzen und deren Einhaltung auch überprüfen. Wenn hier den Behörden vor Ort das Personal fehlt, dann müssen sie in der Lage sein, dieses Personal zu rekrutieren oder diese Aufgabe an die Verbände der Wohlfahrtspflege zu vergeben.

Noch besser wäre es jedoch, wenn öffentliche Hand und private Investoren genügend menschenwürdigen Wohnraum für alle schaffen würden, damit die Würde des Menschen auch beim Wohnen für alle gilt.

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