Leserbriefe

Meine Erfahrungen mit der Psychiatrie

Roswitha Oberländer, NT-Oberensingen. Zum Artikel „Lobby für die seelisch Erkrankten“ vom 13. März. Ich bin in den Kliniken in Baden-Württemberg öfters aggressiv geworden, weil mein Bedürfnis nach Verständnis nie beachtet wurde. Ich hatte schwere Nebenwirkungen nach der Einnahme der mir verabreichten Medikamente. Meine Beschwerden wurden einfach ignoriert. Nach den Gefühlsausbrüchen wurde ich jedes mal fixiert und gespritzt. Als ich dem Oberarzt in der Nürtinger Psychiatrie meinen Handschlag verweigerte, sagte er wütend: „Jetzt kriegen Sie von mir Haldol.“ Ich fühlte mich in den Psychiatrien nicht verstanden.

In der Psychiatrie Zwiefalten lernte ich einen Mann kennen, den ich wegen seiner Zivilcourage sehr schätzte und mich deshalb in ihn verliebte. Er ist für einen türkischen Mitpatienten eingestanden, der sich wegen der Einnahme von Psychopharmaka übergeben musste. Dafür ist er zu Boden gedrückt, gewürgt und anschließend fixiert worden. Nachdem ich sechs Jahre lang in der Wohnstätte zubrachte, zog ich mit ihm vier Jahre lang zusammen.

Während dieser Zeit kam ich öfters in die Psychiatrie Nürtingen. Dort wurde vom Stationsarzt und dem Oberarzt versucht uns auseinander zu bringen, weil wir beide psychisch angeschlagen waren. Nach ein paar Jahren brach ich zusammen und bekam starke Depressionen, auch bei meinem Freund stellten sich schwere Depressionen ein. Nun wohne ich getrennt von ihm wieder in der Wohnstätte. Das waren meine Erfahrungen mit der Psychiatrie. Ich liebe meinen Freund mehr denn je.

Zur Startseite