Leserbriefe

Fluchtursachen bekämpfen

Harald Mayer, Nürtingen-Raidwangen. Zum Leserbrief „Flüchtlinge und Geschichtsverfälschung“ vom 5. August. Herr Hummel behauptet, dass ein Großteil der Flüchtlinge keine Kriegs-, sondern Wirtschaftsflüchtlinge sind. Ich frage mich aber, warum aus Afrika so viele aus wirtschaftlichen Gründen fliehen.

Tragen etwa die Industriestaaten dazu bei? Drei Beispiele für diese Vermutung: Erstens erwerben internationale Agrarkonzerne in Afrika Anbauflächen, um zum Beispiel Soja, Raps oder Rosen anzubauen. Afrikanische Kleinbauern verlieren dadurch ihr Land. Zweitens verkauft die EU in Afrika Lebensmittel zu Dumpingpreisen. Die einheimischen Landwirte geben auf. Drittens führt unser hoher CO2-Ausstoß zu Klimaveränderungen: Dürren führen in Somalia, Jemen, Nigeria und Sudan zu verheerenden Ernteausfällen.

Laut Welternährungsprogramm (WFP) sind allein in diesen Ländern mehr als 600 000 Menschen akut vom Hungertod bedroht! Wie kann der Flüchtlingsstrom gestoppt werden?

Das Zauberwort heißt: Fluchtursachen bekämpfen. Die Kriege können wir Deutschen nicht stoppen, aber auf diplomatischem Weg aktiv werden und vor allem keine Waffen und Munition in diese Krisengebiete liefern. Um den Hunger zu bekämpfen, bedarf es einer neuen Entwicklungspolitik. Bisher wurde meist nur Geld nach Afrika gepumpt. Laut Weltbank sind aber 85 Prozent von korrupten Regierungen veruntreut worden. Besser wäre es, gezielt einzelne Projekte zu fördern und zu kontrollieren. Zum Beispiel Kleinkredite gewähren, Handwerker ausbilden, den enteigneten Kleinbauern neues Land zur Verfügung stellen und so weiter.

Doch was wurde auf dem G20-Gipfel zum Beispiel beschlossen? An „Schleuserstaaten“ sollen keine Schlauchboote mehr geliefert werden. Das ist keine Ursachenbekämpfung, sondern eine Zugangsbekämpfung, wie es auch Obergrenzen, schärfere Kontrollen, Auffanglager, Zäune und dergleichen sind, die das Flüchtlingsproblem nicht lösen!

Menschen, die die Wahl haben, von Bomben zerfetzt zu werden oder zu verhungern und keine Zukunftsperspektiven haben, lassen sich durch solche Maßnahmen, die uns nur die Menschen vom Hals halten, nicht stoppen.

Deshalb sollten wir bei der kommenden Bundestagswahl solche Parteien wählen, die die Fluchtursachen tatsächlich bekämpfen wollen und nicht nur ankündigen.

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