Leserbriefe

Fleisch beim Metzger des Vertrauens kaufen

Reiner Essl, NT-Reudern. Zum Artikel „Regierung hat Schlachthöfe im Visier“ vom 22. Mai. Es ist noch gar nicht zu lange her, da war der Sonntagsbraten etwas Besonderes. Heute ist Fleisch zu einem Grundnahrungsmittel verkommen, das voll zu Lasten der Supermärkte geht. Der Verbraucher wurde durch das Konkurrenzdenken dieser Märkte an Preise herangeführt, s dass der ehemalige Sonntagsbraten zu einem Billigprodukt verramscht wird.

Wie ist es dazu gekommen? Der Erzeuger wurde durch die Fleischindustrie und Supermärkte genötigt, alle Preisbewegungen mitzumachen. In diese Phalanx gehören auch die Arbeitsbedingungen, das Hygienedenken, der Arbeitsschutz, aber auch die Unterbringung der vielen Arbeitnehmer aus dem Ausland, die das Einkommen brauchen und ohne Gedanken an die eigene Gesundheit am Lebensmittel „Fleisch“ ihren Dienst tun. Es ist der Verfall des Preises, der ein qualitativ und hygienesicheres Endprodukt nicht zulässt. Dass dieses Phänomen schon lange besteht, wurde erst durch die Pandemie deutlich. Die großen Schlachthöfe sind mit ein Grund, dass das Coronavirus so lange Bestand hat, da die Akkordschlachtung keine Zeit zulässt, alle Sicherheitsparameter einzuhalten.

Wenn man sich die Mühe macht, den Fleischberg in Deutschland zu betrachten, so sollte manchem Verbraucher das Grausen kommen, durch welche Arbeitsmethoden sein Sonntagsbraten verramscht wird. Er sollte sich auch vergewissern, dass es Hersteller gibt, zum Beispiel die Metzgerei seines Vertrauens, in der das Wohl des Tieres und die Qualität des Fleisches und der Hygiene im Vordergrund stehen. Es kann nicht sein, dass alle Parameter für ein gutes Fleisch durch den Preiskampf der Supermärkte in Frage gestellt werden. Der Fleischkonsum in Deutschland liegt bei 60 Kilogramm pro Kopf im Jahr ohne Tierfutter. Die Schlachtmenge dürfte also bei 8,6 Millionen Tonnen liegen. Diese Tonnage resultiert aus 56 Millionen Schweinen, 3,7 Millionen Rindern, circa 1,65 Millionen Schafen, Ziegen und Pferden, ohne Geflügel.

Deutschlands größter Schlachtkonzern Tönnies schlachtet 20,4 Millionen Schweine/Jahr, das sind circa 30 000 Schweine/Tag in Mehrschicht. Wie kann man das Tierwohl und den Arbeitnehmer im Fokus haben, wenn die Kreatur „Tier“ im Akkord getötet wird, da bleibt keine Zeit für die Observation für die Schlachtvorbereitung.

Es wäre an der Zeit, dass der Verbraucher zur Einsicht gelangt, dass „Fleisch ein wertvolles Lebensmittel“ ist, das nicht am Fließband entstehen darf, sondern dass Tiere ein Recht darauf haben, artgerecht zu leben und zu sterben. Dieses Ziel kann man nicht von Supermärkten erwarten, eher beim Metzger um die Ecke!

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