Leserbriefe

Energieverschwendung für Vergnügungsmeile

Alfred Knapp, Nürtingen. Zum Artikel „Stadtbalkon: Weg vom Provisorium“ vom 7. Juli.

Eine neunseitige Sitzungsvorlage mit einem Anhang von weiteren 40 Seiten sollte den Ausschuss und die Besucher davon überzeugen, dass dieser Festplatz am Neckarufer dringend erforderlich ist und eine ganzjährige Sperrung dieses 300 Meter langen Teils des Innenstadtringes rechtfertigt. Als langfristige Ausbauvariante ist die Neckartreppe aus der Landesgartenschau-Bewerbung für schöngerechnete 600 000 Euro zu finden. Es wird unterschlagen, dass diese Treppe schon aus Sicherheitsgründen gar nicht möglich ist, es sei denn man möchte die Besucher absaufen lassen.

Veranstaltungen wie Nachtflohmarkt, Kleines Oktoberfest, Public Viewing, Winterdorf, Eisstockschießen, Fensterblümlesmarkt, Sonnenschirme mit Infrarotlampen und vieles andere sollen beweisen, dass der ganzjährige Stadtbalkon benötigt wird. Ich frage mich: Leben wir in Dubai, Katar oder gar auf dem Mond? Die negativen Folgen des Verzichtes von 300 Meter der Alleenstraße bewirken, dass circa drei Kilometer Ortsstraßen in der Nutzung deutlich gemindert werden. Der Innenstadtring ist unterbrochen beziehungsweise wird über eine fast zwei Kilometer lange Umleitungsstrecke über Stadt- und Wörthbrücke ersetzt. Die Kapazität dieser Brücke wird überschritten, verursacht Stau und produziert rund um das Zentrum unfallträchtigen Schleichverkehr. Mit fragwürdigen Einbahnregelungen soll der vermieden werden.

Zwei Parkhäuser sind nicht mehr problemlos erreichbar. Geschätzte 8000 Fahrzeuge müssen wegen des Stadtbalkons täglich zweimal 0,7 bis 1,5 Kilometer zusätzlich fahren. Dies verursacht jährlich einen Mehraufwand von circa einer Million Euro für die Autofahrer, die täglich Nürtingen durchqueren müssen. Ein Leuchtturm in der Diskussion war der Einwand von Stadtrat Dr. Hiller, dass er als erste Maßnahme eine Bürgerbeteiligung gesehen hätte.

Die Bürger sollen gemäß OB jedoch erst in zweiter Reihe einbezogen werden und mitbestimmen, was am Stadtbalkon gepflanzt werden soll. Da kein Geld vorhanden sei, wird um Spenden für Bäume gebeten. Die Lösung der Durchquerung des Stadtbalkons für die Feuerwehr wird schlichtweg vergessen.

Diese Energieverschwendung für eine Vergnügungszeile passt absolut nicht in eine Zeit, in der es kühl in unseren Wohnungen werden kann. Mit dem Stadtbalkon droht uns ein Fass ohne Boden. Daher sollte der Gemeinderat für dieses Jahr im September Schluss der Veranstaltung beschließen. Es besteht absolut keine Eile. Wenn es auch schwerfallen mag, von manchen hart erarbeiteten Wünschen Abschied nehmen zu sollen und dieses Thema doch noch nicht erledigt zu haben. Ein alternativer Platz zum Erleben des Neckarufers sollte zu finden sein. Das logische, in Jahrzehnten gewachsene Straßennetz darf nicht zerstückelt werden. Auch ohne Sperrung ist dieses in den 80er-Jahren gestaltete Filetstück schön anzusehen. Die Vorgänger unseres OB können doch nicht alles falsch gemacht haben. Es ist noch viel Luft nach oben – um Vernunft walten zu lassen.

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