Leserbriefe

Eine Skybar für die Bürger am Neckar

Christoph Röcker, Stuttgart. Zum Artikel „Klare Empfehlung an den Gemeinderat“ vom 12. Dezember. Als ehemaliger Nürtinger verfolge ich die Entwicklungen in der Stadt und spiele sogar mit dem Gedanken, mitsamt meinem kleinen Beratungsunternehmen zurück nach Nürtingen zu ziehen. Es mag sein, dass ich als Unternehmensberater einen etwas anderen Blick auf den Streit um das „Hotel am Neckar“ habe. Gestaltungsfragen sind heikel. Mit Geschmacksdiskussionen kommt man da nicht weit. Man muss systematisch klären, worauf es den Betroffenen wirklich ankommt und woran sie festmachen wollen, ob eine Lösung gut oder schlecht ist.

Fehler passieren. Aber spätestens beim Bürgerbegehren hätte man erkennen können, dass es um Grundsätzlicheres geht. Wem gehört die Stadt? Wem gehört der Fluss? Muss man da jetzt wirklich groß bauen? Das wäre der Zeitpunkt gewesen, die Debatte auf eine methodisch saubere Ebene zu heben und zu klären, worauf es den Nürtinger Bürgern wirklich ankommt. Von welchen Kriterien wollen wir unsere Entscheidung abhängig machen? Wie wollen wir diese gewichten? Haben wir wichtige Kriterien übersehen? Das sind die Leitfragen, die zu guten Lösungen führen, wenn man mit den Menschen spricht und ihnen zuhört!

Stattdessen nun eine Bürgerbeteiligung, deren Ergebnis alles andere als eine „klare Empfehlung an den Gemeinderat“ ist. Vier Varianten zur Bebauung des Neckarufers sollten die verbliebenen 15 Zufallsbürger bewerten. Der Siegerentwurf des städtebaulichen Wettbewerbs war nicht dabei. Dafür durften Wünsche formuliert werden – eine Skybar wäre schön!

Weglassen was nicht gewollt ist, zwei bis drei schlechte Ideen und Wunschkonzert – das lässt auch einen um 90 Grad gedrehten Gebäudeklotz attraktiv erscheinen. Das ist der durchschaubarste Trick zur Ergebnismanipulation. Er gilt unter Beratern als Kunstfehler, weil er den Entscheidern so gut wie immer mit Ansage um die Ohren fliegt.

Ich kann allen Gemeinderäten also nur empfehlen, dieses Ergebnis nicht zur Entscheidungsgrundlage zu machen und die Kirche im Dorf zu lassen. Sonst laufen sie Gefahr, als Entscheider nicht mehr ernst genommen zu werden. Die „Nürtinger Skyline“, das ist objektiv betrachtet nun mal der Turm der Stadtkirche. Und eine Skybar? Na ja, das kennt man aus großen Hotels in den Metropolen dieser Welt.

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