Leserbriefe

E-Mobilität – eine Glaubensfrage?

Otmar Braune, Nürtingen. Zum Artikel „Das E-Auto wird zur Glaubensfrage“ vom 23. Juni. Die Hagelunwetter bei uns und der verheerende Tornado in Tschechien zeigen, wie sich die Klimakrise zuspitzt. Wie lässt sich da klimaneutrale Mobilität denken? Vor Kurzem warfen Professor Thomas Koch, Leiter des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), und 170 weitere angebliche „Wissenschaftler“ der EU-Kommission vor, den Ausstoß von Kohlendioxid bei E-Autos viel zu niedrig anzusetzen. Bei seinen Berechnungen tanken E-Autos nur Strom aus fossilen Kraftwerken und nicht den deutschen Strommix mit knapp 50 Prozent erneuerbarem Strom, wie die EU-Kommission annimmt. Es ist aber so, dass bereits viele E-Auto-Besitzer die Batterie mit überschüssigem Solarstrom von ihrer eigenen Anlage laden – ökonomisch und ökologisch die beste Lösung. So kosten 100 Kilometer Autofahrt etwa 1,50 Euro bei null Kohlendioxid. Energieexperten vom KIT halten daher auch Kochs Berechnungen „schlicht und ergreifend für falsch“ und den Brief an die EU für „hochgradig peinlich“. Koch sieht, dass sein Lebenswerk, der Verbrennungsmotor, langsam, aber sicher ausstirbt, weil sich die Automobilwirtschaft der E-Mobilität zuwendet. Seine Gemütsverfassung rechtfertigt aber keine verwirrenden Falschberechnungen. Der Verbrennungsmotor wurde 100 Jahre lang optimiert, kam aber über einen Wirkungsgrad von 30 Prozent nicht hinaus. Ein Elektromotor wandelt hingegen 95 Prozent der Energie in Bewegung um.

Freilich ist die Batterie beim E-Auto noch nicht auf einem befriedigenden Stand. Doch wer die Entwicklung der Batterietechnologie verfolgt, sieht sprunghafte Verbesserungen hinsichtlich Energiedichte, Langlebigkeit, Recyclingfähigkeit und Kosten. Spät, aber nicht zu spät wurde jetzt erkannt, dass man diese Schlüsseltechnologie nicht anderen überlassen darf. Natürlich brauchen wir noch viel mehr Ökostrom. Wer dies wie Klaus Köster in seinem Leitartikel beklagt, sollte wissen, dass für die Produktion von klimaneutralen synthetischen Kraftstoffen sechsmal mehr Ökostrom gebraucht wird. Weil davon nirgendwo solch riesige Mengen zur Verfügung stehen, ist die Vorstellung, den ineffizienten Verbrennungsmotor mit synthetischen Kraftstoffen zu erhalten, ein Hirngespinst. Nein, Herr Köster, das EAuto ist keine Glaubensfrage. Kleine, leichte E-Autos betrieben mit Wind- und Sonnenstrom spielen vor allem auf dem Land in einem klimaneutralen Deutschland eine wichtige Rolle.

Zur Startseite