Leserbriefe

Die Stadt und Nationalisten

Peter Rauscher, Stadtrat, Nürtingen. Zum Artikel „Wer darf mit wem reden?“ vom 6. Juli. Manchmal erscheint es einem so, als ob man in zwei verschiedenen Filmen gewesen sei. Der Artikel über die letzte Sitzung des Kultur-, Schul- und Sozialausschusses trifft nicht den Kern der Auseinandersetzung. Die Überschrift zu diesem Artikel lautet: „Wer darf mit wem reden? Erhitzte Debatte im Ausschuss über Kontakte zu als nationalistisch geltenden Gruppen“. Und genau darum ging es nicht!

Es ist selbstverständlich, dass ich als politischer Mensch mit allen Menschen rede, dass die Stadtverwaltung zu allen Menschen unterschiedlicher Auffassung auch Kontakt hält. In der Debatte ging es darum, ob die Stadtverwaltung mit Organisationen kooperiert (!), ob der Bürgertreff als städtische Einrichtung mit ihnen zusammenarbeiten möchte. Kann die Stadt mit Organisationen nationalistischer Art so eng kooperieren, dass sie Jugendliche dorthin vermittelt?

Im zweiten Teil der Debatte ging es um ein Fehlverhalten innerhalb der Verwaltung. In meiner persönlichen Erklärung habe ich darauf hingewiesen, dass es sehr wohl inhaltliche Debatten im Gemeinderat und auch Beschlüsse zu einer dieser Organisationen gibt, die vom Bürgertreff grob missachtet wurden. Es steht auch dem Bürgertreffleiter nicht an, öffentlich im genannten Artikel durchblicken zu lassen, dass er solche Debatten eher leid zu sein scheint und dem Gemeinderat empfiehlt, er solle beschließen, „mit wem wir reden sollen und mit wem nicht“.

Ein solcher Beschluss wäre absonderlich, denn es geht ausschließlich darum, mit wem der Bürgertreff kooperieren kann. In unserem Fall bestand die Kooperation mit drei türkischen Organisationen, die mit Ausnahme einer Organisation äußerst problematisch sind. Wie bereits erwähnt, man schickte Jugendliche zu diesen Organisationen. Dass der Bürgertreff für seine Kooperation einen gemeinderätlichen Beschluss braucht, zeigt eher fehlendes Bewusstsein zu der Problematik.

Was hat gefehlt? Es fehlte eine verantwortliche inhaltliche Vorbereitung, bei der sich der Bürgertreff Gedanken zu den Organisationen macht, mit denen man kooperiert und zu denen man jugendliche Projektteilnehmer schicken möchte.

Meine Anmerkung zur geplanten Fachtagung, so wie sie dargestellt wurde, muss ergänzt werden. Wenn man zu einer solchen Fachtagung „nur“ die evangelische Kirche einlädt, dann wird diese Fachtagung zu einer innerreligiösen Debatte. Es geht aber um eine politische Auseinandersetzung, und dies muss sich auch bei den Teilnehmern widerspiegeln. Denn eine nur religiöse Kontroverse hilft nicht weiter, denn dann kann sich einerseits jede Seite sofort hinter der Religionsfreiheit verstecken und andererseits sind nichtreligiöse Nürtingerinnen und Nürtinger an einer solchen Debatte nicht beteiligt – unabhängig von ihrer Herkunft!

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