Leserbriefe

Die Neckarhäuser Schneckenpost

Christian Bürk , Nürtingen. Nürtingens Infrastruktur erleidet immer wieder herbe Rückschläge. Seit geraumer Zeit werden die wenigen noch verbliebenen Briefkästen in Neckarhausen, das immerhin knapp 4000 (!) Einwohner zählt, fast volle drei Wochentage nicht mehr geleert. Von Samstag 11 Uhr bis Montag 17.45 Uhr ist Ebbe. Interessanterweise geht es bei der Zustellung genau andersherum: man bekommt bis zu dreimal täglich die Post von verschiedenen Firmen zugestellt. Aus Verbrauchersicht ohne besondere Kenntnisse der diversen logistischen Abläufe ist unterm Strich eine Verschlechterung festzustellen.

Praxisbeispiel: Ein Geschäftsbrief, der samstagnachmittags in Neckarhausen eingeworfen wird, war früher ganz sicher am Montag zumindest regional zugestellt. Er kam in der Regel sogar dann am Montag an, wenn er erst sonntagvormittags bis 9 Uhr eingeworfen wurde. Nun kommt ein solcher Brief frühestens am Dienstag beim Empfänger an. Der nächste Briefkasten mit vernünftigem Leerturnus ist am Nürtinger Bahnhof. Hin und zurück sind das normalerweise schon sieben Kilometer von hier aus, dank der Baustelle B 297 zur Zeit locker zehn Kilometer mit einem Auto. Wenn auch nur 20 Neckarhäuser jede Woche extra mit ihrer Post zum beliebten Briefkasten am Bahnhofsparkplatz mit dem Auto fahren, werden insgesamt geschätzte 15 Liter Sprit je Woche oder 750 Liter je Jahr zusätzlich verblasen. Per pedes, Fahrrad oder Bus die Extratour zu machen ist möglich, aber nicht immer praktikabel.

Doch manchmal naht Rettung: Oma! Oma wohnt in einem lauschigen Stuttgarter Randbezirk. Wenn sie sonntags zum Kaffee nach Neckarhausen aufs Land kommt, drückt man ihr einfach die „Neckarhäuser Post“ in die Hand. Die kann sie ohne Eile bei sich am frühen Sonntagabend im Stuttgarter Stadtteilbriefkasten einwerfen, der wird nämlich dann noch geleert. Die Post ist hierbei noch einen Tag früher (am Montag) beim Empfänger als diejenige „Schneckenpost“, die ansonsten in Neckarhausen am Samstagnachmittag aufgegeben worden wäre. Brutto-Zeitdifferenz des Stuttgarter zum Neckarhäuser Provinzmodell: satte 2,5 Tage. Es wäre erstrebenswert, wenn Neckarhausen nicht auch noch den Anschluss in der Region in dieser Hinsicht verlieren würde, so wie es zum Beispiel bei DSL bereits der Fall ist.

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