Leserbriefe

Der Bürgerwille wird wieder ignoriert

Kai Hansen, Nürtingen. Zum Artikel „Bürgerbegehren ist unzulässig“ vom 28. April. Sie tun schon wieder. Mit Verweis auf Paragrafen wird versucht, Bürgerwillen loszuwerden und es wird der Anschein vorgetäuscht, dass weiterer Widerstand mittels Bürgerbegehren rechtlich unzulässig sei. Das ist grober Unfug.

Fakt ist: Der Beschluss, wertvollen Grund am Neckar zum Zwecke eines unnötigen Hotelbaus an einen Investor zu veräußern, wurde trickreich nach erheblichem Widerstand der Bürger aufgehoben. Das bisherige Bürgerbegehren hat rechtlich nicht mehr dieselbe Grundlage.

Nun scheint ein Kalkül aufgegangen: Der Begriff Rechthaberei erhält seinen buchstäblichen Sinn. Es gehört jedoch auch zum geltenden Recht, dass Bürger sich gegen neu erfolgende Beschlüsse mittels Bürgerbegehren erneut wehren dürfen. Das Angebot zur Mediation, bei der jedoch von vorneherein festgelegt ist, dass ein Hotelbau zu entstehen hat, und zudem der Investor eine Partei der Mediation sein soll, das hätte Cervantes im „Don Quichotte“ nicht fadenscheiniger und nicht unprofessioneller inszenieren können.

Das polarisierende Spiel, das die Stadtverwaltung mit ihrem unglücklichen Obersten seit vielen Jahren spielt, könnte so fortgesetzt werden. Lösen lässt sich das nur, wenn verstanden wird, dass es nicht darum geht, am Neckar Investoren zufriedenzustellen, sondern sich zusammenzusetzen und ein attraktiven Nutzungskonzept mit kundiger Unterstützung zu erzeugen, das möglichst für Nürtinger Bürger, für Kinder, Kunst- und Musikschüler, Familien, alte Menschen den Neckar in seiner unveräußerlichen Lebensqualität würdigt, statt – durch monetäre Interessen gesteuert – verbaut. Ein solches kreatives und kompetent moderiertes Vorgehen leben immer mehr Kommunen vor – sie erhöhen damit die Identifikation und Zufriedenheit der Bürger mit ihrer Stadt – statt die Anwaltskosten.

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