Leserbriefe

Das Versagen der Automobilindustrie

Tobias Metzger, Nürtingen. Zum Leserbrief „Der Saharastaub macht es vor“ vom 9. April. Der Leserbriefschreiber sitzt einem gewaltigen, in Deutschland weit verbreiteten Irrtum auf, denn er glaubt offensichtlich, dass wir an der Spitze der Welt stehen. Diesen Zahn muss ich ihm leider ziehen. Ich verdiene mein Geld selbst in der „alten“ Energiewelt und bin als Vertriebler weltweit unterwegs (mein persönlicher CO2-Fußabdruck ist daher eine Katastrophe). Es gibt sehr, sehr viele Länder rund um die Welt, die uns in Sachen Klima- und Umweltschutz schon lange überholt haben. Selbst das klassische Kohleland Australien hat den Weg in Richtung starke CO2-Reduktion hart eingeschlagen und ich erhalte fast wöchentlich Anrufe von chinesischen Kraftwerksbetreibern, sie bei der Reduktion ihrer Emissionen zu unterstützen.

Der Punkt ist nur: während wir viel reden, machen die anderen einfach und sehen Chancen (und Wohlstand), wo wir Probleme suchen. Auch was unsere schwäbische Lieblingsindustrie anbelangt, hatte sie lange genug Zeit und eine Vielzahl an Signalen aus Asien und den USA, um Alternativen zum (Diesel-/Benzin-)Verbrennungsmotor zu entwickeln beziehungsweise zu vermarkten. Dumm nur, dass man dazu Unternehmertum braucht, was immer mit dem bewussten Eingehen von Risiken zusammenhängt. Das haben wir leider verlernt oder vergessen.

Das kostet uns nun womöglich Wohlstand, denn hätte zum Beispiel die deutsche Automobilindustrie ihre Lobby-Energie nicht in Diesel-Betrugssoftware gesteckt, sondern mit der gleichen Vehemenz den Wasserstoff-Verbrennungsantrieb schon seit zwanzig Jahren vorangetrieben, wäre das nun vielleicht der bevorzugte automobile Antrieb weltweit (anstatt Batterien) und damit auch viele der heimischen Zulieferer nicht gefährdet. Stattdessen hat man vor zwanzig Jahren über die Asiaten (Stichwort Toyota Prius) und später die Amerikaner (Stichwort Tesla) lauthals gelacht. Und braucht nun unser aller Steuergelder, um die Wende zu schaffen.

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