Leserbriefe

Abschied von der grünen Stadt am Fluss

Hartmut Schmid, Nürtingen. Im Herbst 2012 bekundeten 3712 Nürtinger Bürgerinnen und Bürger in einer Petition mit ihrer Unterschrift, dass sie auf dem Wörthareal (rechtes Neckarufer oberhalb der Steinachmündung) keine zweireihige Bebauung mit fünfstöckigen Flachdachwohnhäusern bis ans Neckarufer wollen. Sie wollten einen der Altstadt nahen Bürgerpark. In Folge beschlossen, den Bürgerwillen ignorierend, Stadtverwaltung und Gemeinderat mit knapper Mehrheit die zweireihige Bebauung. Im Frühjahr 2018 bekunden 4701 Nürtinger Bürgerinnen und Bürger in einem Bürgerbegehren mit ihrer Unterschrift, dass sie auf dem letzten noch unbebauten Uferstreifen auf der linken Neckarseite zwischen Stadtbrücke und Melchiorgebäude kein überdimensioniertes Hotel wollen. Die Bevölkerung soll ihrer Meinung nach in einem nun möglich gewordenen Bürgerentscheid bestimmen können, was mit diesem einmalig gelegenen, der Altstadt zugewandten Grundstück geschieht. Diese leider letzte Möglichkeit soll genutzt werden, Nürtingen stadtnah grüner zu machen, so wie es der Siegerentwurf des Städtebauwettbewerbs „Westlicher Neckar“ vorsieht.

Aber was machen die Verwaltung und eine wiederum knappe Gemeinderatsmehrheit? Sie beschließen, den Bürgerwillen erneut ignorierend, den Verkauf des städtischen Grundstücks, damit ein Investor dort sein Hotel bauen kann, nehmen aber wegen des öffentlichen Drucks kurze Zeit später den Verkaufsbeschluss wieder zurück, hebeln das Bürgerbegehren und somit auch den Bürgerentscheid auf diese Weise aus und, das ist nach den bisher gemachten Erfahrungen zu befürchten, werden den Grundstücksverkauf für den Hotelbau erneut beschließen nach dem Motto „Einzelinteresse vor Gemeinwohl“.

Es wird wieder nichts mit einer grünen Stadt am Fluss. Diesmal aber für immer. Ein kleiner, wenn auch schwacher Trost bleibt: Nachbarstädte machen es anders und nach Kirchheim sind es nur fünfzehn Autominuten.

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