Leserbriefe

Abschiebung kontra Menschenrecht

Klaus-Dieter Tempel, NT-Neckarhausen. Zum Artikel „Von der Abschiebung bedroht“ am 15. Juni. In der vergangenen Woche waren die Innenminister der Bundesländer bei einer Konferenz zusammen. Es ging dabei auch um die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern. Ich habe den Eindruck, dass es ihnen dabei nicht um die Menschen ging, sondern um die Quote. Natürlich können wir nicht alle aufnehmen, die zu uns kommen, aber wir können denen helfen, die schon hier sind und vor allem denen, die besonders Hilfe brauchen. Über solche Menschen hat die Nürtinger Zeitung sehr ausführlich berichtet zu einem Fall in Köngen.

Das vorgestellte Ehepaar soll in den Kosovo abgeschoben werde, obwohl sich beide in einem Zustand befinden, der intensive ärztliche Hilfe erfordert. Der Mann ist doppelamputiert nach einem Unfall in Köngen, den er nicht verschuldet hatte. Die Frau ist schwer herzkrank. Dazu kommt, dass zwei volljährige Töchter gerade eine Ausbildung zur Altenpflegehelferin machen. Solche Menschen werden bei uns dringend gebraucht und gesucht. Allein im Kosovo würde das Ehepaar seelisch und körperlich zugrunde gehen ohne die hier möglichen Hilfen und ohne die Töchter. Die Ausländerbehörde, die Härtefallkommission und unser Innenminister Strobl wollen das Ehepaar abschieben. Er und andere mit diesem Fall Beschäftigte handeln wie seelenlose Roboter.

Das Prinzip des Gesetzes ist ihnen wichtiger als die Menschen. Dass dabei auch die im Grundgesetz garantierten unveräußerlichen Menschenrechte außer Kraft gesetzt werden, ist ihnen gleichgültig. – Abschiebungen müssen in einem Rechtsstaat im Einklang mit den Menschenrechten stehen.

Diese Rechte wurden im Januar 2018 auch einer Familie in Wolfschlugen genommen. Nachdem sie 25 Jahre lang in Wolfschlugen mit vier hier geborenen und aufgewachsenen Kindern wohnten, wurden sie in der Nacht von der Polizei aus den Betten geholt, darunter zwei minderjährige Töchter, und nach Mazedonien deportiert. Ich nenne das ein Menschenrechtsverbrechen. Von denen, die uns verwalten und regieren erwarte ich, dass ihr Handeln sinnvoll und verhältnismäßig ist und vor allem den Menschenrechten entspricht.

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